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Medien: Klinsmann soll Schweinereien sagen

Comeback der „Sportschau“: Die Pläne der ARD für die Bundesliga-Berichterstattung

Die ARD wird die Fußball-Bundesliga wieder in der „Sportschau“ zeigen. Daran zweifelt kaum mehr einer, am wenigsten die ARD selbst, die mit den Planungen für den Saisonstart am 2. August begonnen hat. Die Herausforderung ist groß: an 34 Spieltagen sieben Partien eine Stunde nach Spielschluss zwischen 18 Uhr 10 und 19 Uhr 45 zusammenfassen. Der Privatsender Sat 1 hat das seit 1992 in „ran“ geschafft. Die ARD wird das auch schaffen, die Frage ist vielmehr, ob mit dem Senderwechsel auch ein Systemwechsel verbunden ist. Immerhin, drei Faktoren bestimmen das Spiel: der Mythos von der „guten alten Sportschau“, das moderne Fernsehen, der durchkapitalisierte Fußball.

Die „Sportschau“ zu Zeiten eines Ernst Huberty oder Adolf Furler reportierte kurz, knapp, kompetent – zu vergleichen vielleicht mit Heiner Bremer im „RTL-Nachtjournal“. Mit „ran“ kam die Show, die so weit ging, dass der damalige Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni Spaghetti kochen sollte. Viele Fans reagierten, die Hardcore-Fraktion wechselte zum Live-Sender Premiere. Wenn „ran“ in der vergangenen Saison über fünf Millionen Zuschauer versammelte, dann war die Sendung erfolgreich. An der Konkurrenz zum Live-Spieltag bei Premiere und der sich sofort anschließenden Zusammenfassung beim Abo-Sender wird auch die „Sportschau“ nichts ändern können. Auch beim Drumherum laufen „ran“ und „Sportschau“ parallel: Die ARD wird zur Refinanzierung der geschätzten 60 Millionen Euro Rechtekosten in die 95 Minuten Sendung 18 Minuten Werbung platzieren, verteilt auf drei bis vier Inseln. Dazu kommt natürlich Sponsoring, auch die ARD sucht nach einem Hauptsponsor („ran“: HypoVereinsbank) und Co-Sponsor („ran“: Telekom). Der erste Anlauf führte nicht zum Ziel: das Telekommunikationsunternehmen Vodafone wollte gerne, scheiterte aber am Einspruch des Werbepartners des FC Bayern München – an der Deutschen Telekom. Was laut ARD bei der „Sportschau“ wegfallen könnte, sind das Gewinnspiel und die Hinweis-Trailer für weitere Sendungen im Ersten.

Eine weitere Konzentration auf den Sport ist angekündigt. „Die Hauptrolle des Fußballs“, sagt einer der Planer, „muss wachsen, die Nebenrollen müssen kleiner werden.“ Schon wird überlegt, die kleinen „Schmunzel-Rubriken“ – „Bösmann“ in der „Sportschau“, „Die den Adler tragen“ bei Länderspielen – wegzulassen, auf die Flut der Grafiken und Fakten aus der Datenbank zu verzichten. Bei den Spielberichten selbst wird das Erste an der vom DFB aufgegebenen Pflicht nicht vorbeikommen, mindestens sechs Minuten von einer Bundesliga-Partie zeigen zu müssen. „Je unattraktiver ein Spiel ist, desto eher wird es Zwischenschnitte in die Zuschauerreihen, zu den Trainern geben: Das Leiden eines Reiner Calmund, der missmutige Blick eines Franz Beckenbauer gehören auf jeden Fall dazu.“ Die Geschichte, die Geschichten eines Spiels werden sich in der „Sportschau“ wiederfinden, sicherlich mehr als die Verweise, ob das 4-4-2-System oder doch die 4-3-3-Variante gewählt wurde. Große Unterschiede zu „ran“ wird es beim Blick auf den rollenden Ball nicht geben. Auch die ARD wird Publikum ins Studio laden.

Wer moderiert? Ein Name ist gesetzt, Gerhard Delling, Sportchef des Norddeutschen Rundfunks. Wenn es darum geht, wer seit Jahren die „Premiumware Fußball“ im Ersten präsentiert, dann fällt der Name Waldemar Hartmann, freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. Als möglicher Dritter im Bunde wird Reinhold Beckmann (übrigens der Erfinder von „ran“) genannt, der seit mehr als einem Jahr wieder Fußballspiele im Ersten kommentiert und sich mit Delling in der vergangenen Saison abgewechselt hat, in der „Tagesschau“ am Sonnabend den Spieltag zum Dichter-Streit hochzujubeln. So verkrampfte Übergänge gibt es in keiner zweiten Sportsendung.

Schon entschieden ist die Frage , dass zum Biorhythmus der künftigen „Sportschau“ der Experte gehören wird. Sat 1 wird auch als Champions-League-Sender mit Paul Breitner arbeiten, das ZDF setzt auf Franz Beckenbauer – und das Erste verhandelt mit Jürgen Klinsmann. Warum ein Experte im Ersten? „Der kann, anders als der Moderator, die Schweinereien sagen“, meint ein ARD-Mitarbeiter.

Damit sich die „Sportschau“ nicht im Dickicht der zehn Landesrundfunkanstalten veirrt, wird eine „Task-Force“ analog zum „Tagesschau“-Modell eingerichtet: Eine eigenständige Redaktion, ein festes Team aus Technikern, Redakteuren, Reportern und Kommentatoren. „Das sind begehrte Jobs, und ehe der eine oder andere ,ran’-Mitarbeiter gefragt wird, wird im ARD-Rund geschaut. Das Karussell ist ja vollbesetzt“, heißt es in ARD-Kreisen.

Drei Standorte sind im Gespräch: das auch von „ran“ genutzte Studio in München, das ehemalige „ran“-Studio in Hamburg, der jetzige „Sportschau“-Standort im Westdeutschen Rundfunk in Köln. Doch es läuft wohl auf den WDR zu: Im WDR-Sendegebiet spielen die meisten Bundesligisten. Außerdem braucht der größte ARD-Sender, da er keinen Moderator stellt, einen Ausgleich. Wovor sich die Macher der neuen „Sportschau“ fürchten: vor einer Produktion im WDR selbst. Ungenügende Technik, mangelhafte Motivation, nicht zuletzt des WDR-Sportchefs Heribert Faßbender. Also soll ausgelagert werden – „nach Köln-Hürth, wo riesige Studios auf eine hungrige ,Sportschau’-Mannschaft warten.“

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