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Frage aller Fragen. Was sollten Männer und Frauen drauf haben? Das zeigen Sarah Kuttner und Markus Kavka bei 3sat, diese und nächste Woche donnerstags und freitags ab 22 Uhr 25.

© Jana Kay

Klischees im Ego-Test: "Strippen kostet Überwindung"

Fernsehen im Selbstversuch: Sarah Kuttner und Markus Kavka sprechen im Tagesspiegel-Interview über ihre neue Reportagereihe.

Sarah Kuttner

, geboren 1979 in Berlin, arbeitete als Moderatorin für Viva, MTV, Sat 1 und die ARD. Radioshows beim RBB und HR gehörten ebenfalls zu ihrem Repertoire. Nach ihren beiden erfolgreichen Kolumnensammlungen erschien letztes Jahr ihr Debütroman „Mängelexemplar“.

Markus Kavka wurde 1967 in Ingolstadt geboren und ebenfalls als Musikmoderator bei Viva und MTV bekannt. Im ZDF moderierte er zur Bundestagswahl 2009 die Sendung „Wahl im Web“. Auch Kavka ist als Autor tätig: Zuletzt veröffentlichte er „Hamma wieder was gelernt: über das Erwachsenwerden.“

In „Frau Kuttner & Herr Kavka“ überprüfen Sie Rollenklischees im Selbstversuch. Von wem stammt die Idee?

KUTTNER: Von der Produzentin Cathy Baikousis. Sie wollte eine Sendung machen, die an diese ganzen Klischee-Bücher angelehnt ist, in denen steht, was Mann/Frau drauf haben sollten.

KAVKA: Als feststand, dass 3sat die Sendung machen will, haben wir uns zusammengesetzt und Listen erstellt mit Aufgaben, die man zur Klischeeüberprüfung machen kann. Die waren sehr lang und beinhalteten auch einige Sachen, die wir im Leben nicht machen wollten.

Zum Beispiel?

KAVKA: Ich wollte auf gar keinen Fall in den Knast gehen. Daher war ich froh, dass die Anfragen bei zwei Justizvollzugsanstalten auf Intervention der zuständigen Behörden abgelehnt wurden. Leider ließ die Redaktion nicht locker und fand für mich doch noch ein Plätzchen in der JVA Dresden. Deshalb kam ich aus der Nummer nicht raus.

Frau Kuttner, Sie lassen sich von einer Tänzerin das Strippen beibringen. Hat das Überwindung gekostet?

KUTTNER: Ja. Beim Strippen geht es ja hauptsächlich darum, sich die Brüste zu streicheln und lecker zu gucken. Beides habe ich nicht so gut drauf. Außerdem war ich im Konflikt mit mir selbst. Ich hätte das ironisch machen können, das wäre der einfachste Weg. Ernsthaft sexy zu sein, war mir aber viel zu intim. Ich sollte am Schluss eine Minute strippen, ohne rumzuspacken. Das hatte zur Folge, dass ich eine laufende Übersprunghandlung war. Aber um gleich mal Entwarnung zu geben: Wer sich auf blanke Brüste freut, wird enttäuscht. Ich war natürlich nicht nackig, sondern ganz körperbetont in Schwarz gekleidet mit Sachen darüber, die ich ausgezogen habe.

Die Staffel hat vier Folgen. Bleibt es dabei?

KUTTNER: In letzter Zeit sind Staffeln von drei, vier Folgen in. Ich finde das ein bisschen affig, für mich zählt alles ab sechs. Ich glaube, die Verantwortlichen wollen erst mal testen, wie die Sendung läuft. Inhaltlich ist eine Fortsetzung möglich, wenn auch schwierig. So viele Klischees, die fernsehtauglich umgesetzt werden können, gibt es gar nicht.

Mario Barth wäre wohl anderer Meinung.

KUTTNER: Der steht aber auch auf einer Bühne und erzählt nur. Das als Reportage visuell und interessant umzusetzen, ist schwieriger. Ich widme mich zum Bespiel dem Thema Einparken. Weil ich darin eine Bombe bin, parke ich mit einem Vierzigtonner ein. So was macht Mario Barth nicht. Außerdem ist wenig von dem, was er macht, für unsere Sendung relevant. Was will man schon für einen Film übers Schuhekaufen drehen? Unser Ansatz war, nicht zu sagen, dass Frauen oft weinen, sondern zu testen, ob man auf Knopfdruck weinen lernen kann und überhaupt sollte. Es geht uns um die Erwartungen, die an Frauen und Männer gestellt werden.

Ist der Sendeplatz abends halb elf gut?

KAVKA: Mir scheint der Termin ganz vernünftig. Viertel nach acht ist die Konkurrenz viel zu groß. Da kann man gleich einpacken.

Junge Formate werden bei den Öffentlich-Rechtlichen gerne versteckt. Christian Ulmen läuft mit „Uwe Wöllner will’s wissen“ im RBB kurz nach Mitternacht.

KUTTNER: Alle schreien, dass man jünger und cooler werden muss, aber die Senderverantwortlichen bei den Öffentlich-Rechtlichen scheinen genau davor Angst zu haben. Deswegen wird man auf ungefährliche Testplätze verwiesen. Das ist wie im Alltag: Bei Haarfärbungen soll man auch erst mal an einer unauffälligen Stelle gucken, wie das Haar reagiert. Wobei ein öffentlich-rechtlicher Sender mehr zu verlieren hat als die Haarfarbe.

Haben die Öffentlich-Rechtlichen ein Nachwuchsproblem?

KUTTNER: Das finde ich nicht. Der Nachwuchs ist da, er wird nur nicht ausreichend genutzt, wenn man mal von Florian Silbereisen absieht. Da hat man jemand junges gefunden, der innerlich schon sehr alt ist. Das zählt nicht. Persönlich kann ich nicht meckern, ich bekomme gute Jobs.

KAVKA: Zum Meckern reicht’s nicht, zum Loben aber auch nicht. Da mangelt es deutlich an Risikobereitschaft. Die innovativen Formate im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kann man an einer Hand abzählen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das perspektivisch überhaupt wichtig ist. Die Kompetenzen liegen ja woanders.

KUTTNER: Das glaube ich nicht. Wenn denen das Publikum wegstirbt, ist das für die perspektivisch schon wichtig. Die Privaten bieten den Vorteil, dass sie sehr schnell und flexibel sind. Da kann man innerhalb weniger Wochen eine Sendung bekommen. Dafür haben die weniger Durchhaltevermögen. Wenn man Pech hat, wird man nach zwei Folgen abgesetzt. Die Öffentlich-Rechtlichen hingegen brauchen eher lange, stehen aber nicht so unter Quotendruck und haben mehr Stil. Ein Format wie „Frau Kuttner & Herr Kavka“ hätte bei den Privaten wohl niemand gewollt – die mögen es eher ferkelig und laut.

Soll die Sendung auf 3sat der Versuch einer imagemäßigen Neuausrichtung sein?

KUTTNER: Im Zusammenhang mit der Show habe ich neulich gelesen, wir würden uns jetzt an seriösem Fernsehen probieren. Da musste ich lachen. Bloß weil die Sendung auf 3sat läuft, ist sie nicht automatisch seriös, ganz im Gegenteil. Das klingt ja fast so, als würden wir die „Tagesschau“ moderieren oder Anne Will ablösen.

Das wäre doch was, wenn der Platz im Ersten nicht schon an Günther Jauch vergeben wäre...

KUTTNER: Für mich nicht. Wobei wir wirklich mit der Idee einer gemeinsamen Talkshow liebäugeln. Leider ist das sehr schwierig, weil es schon viele solcher Formate gibt. Die „NDR Talkshow“ zu machen, nur in 20 Jahre jünger, das wäre toll. Von mir aus auch genauso steif.

Charlotte Roche hat nach fünf Ausgaben „3 nach 9“ das Handtuch geworfen.

KUTTNER: Vielleicht war Moderator Giovanni di Lorenzo nicht der einfachste Partner. Der macht das schon ziemlich lange. Neben so jemandem ist es schwer, das laute, anstrengende, junge Ding zu geben. Ich hab mir die Sendung mit ihr mal angeguckt und fand sie fast schon zu angepasst an die Ruhe, die da herrscht. Charlotte ist nicht besonders kompromissbereit, was ich ganz lässig finde. Insofern war es nur konsequent zu gehen, wenn sie da keinen Bock mehr drauf hatte.

Das Gespräch führte Nana Heymann.

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