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Medien: Koflers Vision

Fernsehen im Umbruch – Premiere im Aufbruch

Wer momentan das Thema „Fernsehen im Umbruch“ diskutieren lässt, der muss mit düsteren Szenarien rechnen, die den Zusammenbruch der Fernseh-Branche beschreiben. Es sei denn, Georg Kofler ergreift das Wort, wie am Freitag beim „Medienforum 2002“ in Berlin geschehen. Der redet gar von Aufbruch. Kofler ist Geschäftsführer des Abo-Fernsehens Premiere, das in den Sog der Kirch-Pleite geraten war. Die Premiere-Mutter Kirch-Pay-TV hatte im Mai Insolvenzantrag gestellt. Das Abo-Fernsehen war mit Hilfe von Banken von der Pleite verschont geblieben. Da deren Überbrückungskredit nur bis zum Herbst reicht, muss sich der Sender bald frisches Kapital zum Überleben beschaffen.

Georg Kofler hat bei Premiere einen radikalen, einen ehrgeizigen Kurswechsel eingeleitet. Er will im ersten Halbjahr 2004 die Ausgaben mit den Einnahmen zur Deckung gebracht haben. 2,8 bis 2,9 Millionen Abonnenten braucht sein Sender, aktuell seien es 2,42 Millionen, sagt er. „Im August haben wir 50 000 neue Kunden gewonnen, im vierten Quartal werden es an die 200 000 sein.“ Selbst bei einer Kündigungsrate von 17 Prozent übertreffen die Einsteiger die Aussteiger, „die Abo-Zahl wächst netto“, sagte Kofler. Nach seiner Aussage wird Premiere „das beste Sportfernsehen“ und das „beste Filmprogramm“ bieten. Die Fußball-Bundesliga läuft bereits, bei den Filmen – „Wir möchten von den 100 Kino-Hits einer Saison 80 im Programm haben“ – wird Kofler mit einem Hollywood-Major nach dem anderen handelseinig. Und er drückt die Preise, wie er auf allen Sender-Ebenen die Kosten drückt. Die neuen Deals mit den Hollywood-Studios enthielten Preis-Reduktionen zwischen 50 und 80 Prozent. „In der Vergangenheit wurde einfach zu viel bezahlt“, sagte Kofler.

Ob Premiere wirklich der große ökonomische Erfolg wird, den sein bester Verkäufer unweigerlich kommen sieht? Mancher Teilnehmer bei der Veranstaltung des „Medienforums 2002“ trug die Zweifel im Gesicht. Eine wesentliche Komponente für den Premiere-Durchbruch sieht Kofler in den künftigen Gesellschaftern. Er wünscht sich „Finanzinvestoren, am liebesten aus dem Banken- und Investment-Bereich: Die Kompetenz für das Abo-Fernsehen muss nur im Management liegen und nicht bei den Gesellschaftern.“

Da lief manchem bei der nachfolgenden Podiumsdiskussion ein Schauder über den Rücken. Tagesspiegel-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo äußerte, insbesondere mit Blick auf Italien und dessen Medien, erhebliche Zweifel am Gesellschafter-Modell „Finanzinvestor“: „Das Beste sind echte Verleger.“ Was keiner will: Geldgeber, die bei Sonnenschein investieren und verschwinden, sobald die ersten Wolken auftauchen.

Nico Hofmann jedenfalls nahm Georg Koflers Vision eines florierenden Abo-Fernsehens ernst. Der Chef der Produktionsgesellschaft teamworx hofft auf die „Hinwendung zu einem qualitativen Event-Programm“, das nicht nur Einkaufsware versendet, sondern auch selbst produzierte Beiträge bringt. Nichts dagegen, meinte Kofler, und legte gleich ein Finanzierungsmodell auf den Tisch. Das Abo-Fernsehen muss 16 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Würde dieser Satz auf die sieben Prozent Mehrwertsteuer der Abo-Presse ermäßigt, würde Kofler die Differenz sofort in die Film- und Fernsehförderung investieren. Joachim Huber

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