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Medien: Komm in meine Mupfel

Das Urmel ist zurück. Sat 1 inszeniert den Klassiker fürs Abendprogramm

Der rote Vorhang teilt sich, es macht Pfff und Tsch und Öff-Öff und der Selefant singt: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so trauräg bin?“. Richtig, das Urmel ist zurück auf dem TV-Schirm, als Zweiteiler an diesem Wochenende auf Sat 1. Die aus der Augsburger Puppenkiste gewohnte Kulisse wurde nahezu unverändert übernommen, nur eben mehrere Nummern größer, denn bei Sat 1 stehen nicht die Marionetten aus alten Tagen im Rampenlicht. In der TV-Theaterinszenierung des Privatsenders zeigen Schauspieler wie Dirk Bach, Barbara Schöneberger, Heinrich Schafmeister und Heinz Hoenig ihr komödiantisches Können.

Stimmig sind jedoch nicht allein die Kulisse und die sympathischen Sprachfehler der Tiere, denen Professor Habakuk Tibatong (einmalig gespielt von Heinrich Schafmeister) in der Geschichte von Max Krause das Sprechen beigebracht hat – ganz zum Ärger seiner wissenschaftlichen Kollegen Doktor Zwengelmann (Ralf Richter) und Heinz Hoenig in der Rolle des Zoo-Direktors. Geblieben ist glücklicherweise auch die Handlung: Eines Tages strandet ein Eisberg an der Insel Titiwu, ein urzeitliches Ei auf seiner Spitze. Darin das „Urmel aus dem Eis“, das von der ansonsten äußerst putzwütigen Haushälterin Wutz adoptiert wird. Es braucht zwar einige Zeit, um Barbara Schöneberger in der Rolle des ordnungsliebenden Hausschweins mit der Vorlage aus der Puppenkiste in Einklang zu bringen, doch ihr Öff-Öff wirkt schon bald äußerst überzeugend. Einfacher haben es da Ping und Wawa in ihrem ewigen Streit um die Mupfel. Besonders Ralf Schmitz verschmilzt als Pinguin nahezu mit seiner Rolle.

Das gilt natürlich auch für Dirk Bach: Im ersten Teil hat das Urmel zwar kaum etwas zu melden. Doch nicht nur von der Figur her, sondern auch vom Gemüt scheint diese Rolle dem Comedian auf den Leib geschnitten zu sein. Er spielt die brabbelnde Selbstzufriedenheit des Baby-Sauriers absolut überzeugend und wirkt dabei so eins mit sich selbst, wie es die meisten Menschen – wenn überhaupt – nur bei einem langen und entspannenden Aufenthalt in der wohlig-warmen Badewanne sind. „Irgendwie habe ich mich in meinen 44 Lebensjahren immer mehr in Richtung meiner Lieblingsfigur entwickelt. Nur die Flügelchen fehlen mir“, sagt Bach selbst über seine Beziehung zum „Urmeli“.

Dass die Aufführung auch nach der ersten Wiedersehensfreude weiterhin spannend bleibt, liegt nicht zuletzt an der Vorlage: Nachdem König Pumponell (Götz Otto) vom Urzeitwesen erfährt, bricht er sogleich zur Jagd nach dem Urmel auf, das nun kurzerhand in der unterirdischen Höhle der bösen Krabbe mit den gefährlichen Lachgasquellen versteckt wird…

Ob allerdings die Strategie von Sat 1 aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. Der Sender möchte mit der Reanimierung des Kinderklassikers nicht zuletzt all jene Zuschauer ansprechen, die sich vor Jahrzehnten von der Puppenkiste haben verzaubern lassen, so wie eben auch Dirk Bach selbst, der mehrere Urmel-Bücher als Hörspiele eingelesen hat. Doch dafür ist die Neuinszenierung streckenweise zu klamaukig, zu laut, um an das Original heranreichen zu können.

Das merkt man auch dem Saalpublikum im Kölner Coloneum, wo das Stück im September aufgenommen wurde, an. Richtig in Fahrt kommt es nur, als König Pumponell zum „Heia Safari“ zur alt bekannten Melodie aufruft. Dagegen treffen Bach, Schöneberger und vor allem Pinguin-Schmitz und Wawa-Darstellerin Mirja Boes den Nerv des jungen Publikums voll und ganz. Für sie wirkt die Puppenkiste antiquiert, die mitunter etwas derberen Sprüche sind mehr nach ihrem Geschmack. Sicherlich wäre es schöner, wenn das neue „Urmel aus dem Eis“ nicht erst im Abendprogramm liefe. So aber sollten alle Eltern, die mit ihren Kindern die Abenteuer des grünen Urviehs gemeinsam erleben wollen, an diesem Wochenende das „Zu-Bett-Schicken“ um zwei Stunden verschieben.

„Urmel aus dem Eis“: Sat 1, Samstag und Sonntag, jeweils 20 Uhr 15

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