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Kongress: Herz aus Kristall

Die Digitalwirtschaft setzt aufs Mitmach-Internet – Swarovski auf innovative Mitarbeiter im Intranet. Der Kristallschmuckhersteller nutzt die Web-2.0-Entwicklung, um die Angestellten beim Innovationsprozess stärker einzubinden.

Der Blick in die Tchibo-Auslage gehört für viele Menschen zum festen Ritual der Shopping-Tour. „Jede Woche eine neue Welt“ heißt der Slogan des Unternehmens, das einst als Kaffeeröster anfing und inzwischen ein Mini-Kaufhaus mit angeschlossenem Online-Shop geworden ist. Für immer neue Ideen für die jährlich rund 2000 neuen Produkte beschäftigt Tchibo 30 Trendscouts. Ein paar Ideen werden dieses Jahr aus einer anderen Quelle stammen – der Internet-Aktion „Tchibo Ideas“. Die Internet-Community wird dort dazu aufgerufen, sich einerseits Produkte zu wünschen, die man schon immer haben wollte. Andererseits können dort Webnutzer Lösungen anbieten, wie man diesen Bedarf erfüllt. Das könnte eine Wäscheleine sein, die ohne Wäscheklammern funktioniert, erklärte der Tchibo-Ideensucher Miguel Helfrich am Dienstag den 750 Besuchern des Deutschen Multimedia-Kongresses (DMMK) in Berlin.

Das Motto des diesjährigen Jahrestreffens der Digitalwirtschaft lautet „Move“. Gerade in den Zeiten der Krise könne die Branche zum Motor der Gesamtwirtschaft werden, hofft Arndt Groth, Präsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft. Tatsächlich konnte sich die Branche vom konjunkturellen Negativtrend zumindest abkoppeln. „Zwar werden auch wir in diesem Jahr keine Wachstumsraten von 15 Prozent wie 2008 erreichen, aber für das Gesamtjahr rechnen wir mit einem Umsatzplus von neun Prozent“, sagte Groth. Zu den Hoffnungsträgern gehört unter anderem der Bereich mobile Werbung, speziell die Entwicklung des iPhone inspiriert die Kreativen. Für Zuversicht sorgen zudem bessere Messmethoden für Werbung in Internet-Bewegtbildern.

Der Kongress holte in diesem Jahr räumlich zum Befreiungsschlag aus. In der Landesvertretung von Baden-Württemberg war der DMMK zuletzt aus allen Nähten geplatzt. Nun ist die Veranstaltung in das eWerk in der Wilhelmstraße umgezogen, wo fast 300 Kongressbesucher mehr Platz fanden. Dass man näher zusammengerückt ist, um sich Mut zu machen, will Verbandspräsident Groth nicht gelten lassen. Vielmehr wolle man zeigen, dass es keinen Grund gibt, sich kleinreden zu lassen.

Zu den großen Themen des Kongresses gehörten die Veränderungen durch das Mitmach-Internet. Der Kristallschmuckhersteller Swarovski nutzt die Web-2.0-Entwicklung, um die eigenen Mitarbeiter beim Innovationsprozess stärker einzubinden. Jährlich werden rund 600 neue Design-Ideen benötigt. Von den rund 17 000 Mitarbeitern machen über 800 bei Swarovskis iFlash-Programm mit, das im Mai 2008 gestartet wurde, sagt Manager Johannes Erler. Über 2000 Ideen wurden seither über die hausinterne Webseite abgegeben. Darunter auch ein USB-Stick, der in einem kleinen geöffneten Kristallherzen steckt. Die Idee kam an, das Herz mit dem großen Speicher ging tatsächlich in Produktion.

Twitter, Youtube und die Social Communities stellen Werber und Kreative vor neue Herausforderungen. Amir Kassaei, Chef-Kreativer von DDB Group Germany (Viral-Kampagne mit „Horst Schlämmer“ für Volkswagen) warnt davor, diese Entwicklung nur technisch zu betrachten. Die Branche müsse vielmehr lernen, dem Verbraucher mit relevanten Werbeinformationen Orientierung zu geben, statt ihn mit überladenem Marktgeschrei zu nerven – dem Internet-Nutzer kann’s nur recht sein. Kurt Sagatz

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