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Misstrauen. Polizist Gorsky (Max Riemelt) und Schwester Stella (Marie Bäumer), die mit einem mafiösen Russen verheiratet ist. Foto: ARD

© ARD/Julia von Vietinghoff

Krimi: Marek im Paradies

Liebe, Ehre, Korruption: Dominik Grafs großartiges, zehnteiliges Mafia-Epos kommt ins Erste – Fortsetzung erwünscht.

Fast fünf Jahre Recherche und Produktion, zehn Millionen Euro Kosten, gefeierte Berlinale-Premiere und Arte-Ausstrahlung im Frühjahr 2010, Deutscher Fernsehpreis – Dominik Grafs Mafia-Epos „Im Angesicht des Verbrechens“ hat schon für viel Gesprächsstoff gesorgt. Wer immer noch nicht mitbekommen hat, wie aufregend deutsches Fernsehen sein kann, sollte heute einschalten, wenn die ARD die zehnteilige Serie mit einer Doppelfolge startet. Am Freitagabend, viertel vor zehn, wo sonst „Tatort“-Wiederholungen laufen – man hätte der Serie einen besseren Sendeplatz gewünscht, beispielsweise Sonntagabend in der Primetime, mit ein paar Millionen Zuschauern mehr. Die Jugendschutz-Freigabe FSK 16 hat jedoch eine frühere Ausstrahlung unmöglich gemacht.

Das ist aber auch der einzige Wermutstropfen, der diesem Krimi des Jahres vorauszuschicken ist. Und die Binse, dass für solch’ künstlerischen Ziele gerne Gebührengelder gezahlt werden: Geschichte, Inszenierung, Figuren und die bis in die kleinste Nebenrolle ausgezeichneten Schauspieler, das alles wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis gewürdigt. Schauplatz ist Berlin, Hauptdarsteller Max Riemelt. Der 26-Jährige spielt Marek Gorsky, einen jüdischen Polizisten und Sohn lettischer Einwanderer, dessen Bruder vor zehn Jahren ermordet wurde. Seine Schwester Stella (Marie Bäumer) ist mit dem Russen Mischa (Misel Maticevic) verheiratet und führt ein Restaurant, ein Treffpunkt der Mafiaszene. Viel Konfliktlinien für den jungen Polizisten. Wie kann er gegen das organisierte Verbrechen kämpfen und den Mörder seines Bruders finden, ohne seiner Schwester zu schaden? Zusammen mit Partner Sven Lottner (Ronald Zehrfeld) steigt Marek zum Beamten beim Landeskriminalamt auf. Dort gibt es Maulwürfe, die die Russen mit Tipps versorgen. Ein zweiter Handlungsstrang führt in die Ukraine, wo zwei Frauen nach Berlin gelockt und in die Prostitution gezwungen werden.

Angucken und staunen. Vor allem im Vergleich mit manch’ lieblos runtergekurbeltem „Tatort“. Liebe, Ehre, Korruption, opulente Szenen, die ganze Palette filmischer Mittel, vielleicht nicht immer ganz klischeefrei. Ein Meisterwerk von Dominik Graf („Hotte im Paradies“), das den Vergleich mit aufwendigen US-Serien kaum zu scheuen braucht.

Und danach? Soll es solche deutsche Serien nur alle zehn Jahre geben? Deutschlands kompromisslosester Regisseur kann sich eine Fortsetzung vorstellen: „Ich würde sehr gerne noch mal etwas Episches fürs Fernseh-Kino machen. Diese Erzähllängen bergen ungeheure Möglichkeiten, die das deutsche Kino schon seit langem gar nicht mehr hat. Vielleicht gibt es eine Chance mit Rolf Basedow, dem Drehbuchautor, gemeinsam noch mal einen Weg zu gehen.“ Das Erste wolle auch im Seriellen neue Wege gehen, sagt Programmdirektor Volker Herres. „Denkbar ist vieles, jetzt warten wir erst einmal die Ausstrahlung im Ersten ab.“ Nur zu.

„Im Angesicht des Verbrechens“, ARD, erster und zweiter Teil, 21 Uhr 45

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