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Neues Glück? Benjamin Lietz (Wotan Wilke Möhring) und Nina Petersen (Katharina Wackernagel) waren mal ein Liebespaar. Jetzt sind sie ein Ermittlerduo.

© ZDF

Krimi: Schießen und Lieben

"Stralsund – Außer Kontrolle", ein ZDF-Krimi um Emotionen bei Verbrechen und Verbrechensbekämpfung.

Liebe im Büro, das ist immer problematisch. Ein Flirt bei der Weihnachtsfeier – auch nicht ideal. Während zwei Wachschutzbeamte einer Sicherheitsfirma beim gemeinsamen Geldtransport gerade ihre Beziehungsprobleme zu lösen versuchen – „Du wusstest nicht, dass ich verheiratet bin? – Hätte das einen Unterschied gemacht?“ – geht es auch bei der Kriminalinspektion Stralsund ziemlich drunter und drüber. Zwar hat Kriminalkommissarin Nina Petersen (Katharina Wackernagel) sich von ihrem Kollegen Benjamin Lietz (Wotan Wilke Möhring) getrennt und das auch ziemlich cool weggesteckt, Benjamin jedoch ist da schon dünnhäutiger und deutlich weniger entspannt. Die Kollegen wissen auch alle Bescheid. Und nun kommt auch noch ein neuer Chef, der vorher im Innendienst tätig war, auffallend großes Interesse an den emotionalen Verbindungen seiner Untergebenen hat und die Personalakten eingehend studiert. Kein Wunder, dass Benjamin ihn als „Arschloch“ sieht.

Der unfähige Chef ist ein Klassiker der Krimiliteratur. Auch der aus Schwerin nach Stralsund versetzte Gregor Meyer (Michael Rotschopf) fügt sich da bestens ein, wenn er prestigeträchtige Ermittlungen an sich reißt, widersprüchliche Anweisungen gibt und im entscheidenden Moment nicht genug Rückgrat beweist. Der Mann von außen, der in ein eingeschworenes Team kommt, ist zudem ein dankbares Ziel für interne Späße, und die Mannschaft der Kriminalinspektion Stralsund renitent genug, ihm das Leben ziemlich zur Hölle zu machen. Nein, die Stimmung ist nicht die beste in der Behörde. Dass bei den Ermittlungen plötzlich die ganze Stadt bedroht wird, lässt die Animositäten weiter eskalieren.

„Stralsund – Außer Kontrolle“ ist nach „Stralsund – Mörderische Verfolgung“ (2009) der zweite Krimi von Martin Eigler und Sven Poser, der die junge Kommissarin Nina Petersen und ihre Kollegen durch die Backsteinstadt an der Ostsee führt; ein dritter Teil ist schon abgedreht. Und: „Stralsund – Außer Kontrolle“ ist ein außergewöhnlich gut gemachter Krimi geworden. Nicht nur, weil Stralsund mit seinen Häfen und Stränden, den verlassenen Armeegeländen und romantischen Datschen an der See als Film-Location ausgesprochen malerisch ist. Christoph Chassees Kamera hat dem Film zudem einen kühlen, eleganten Look gegeben, der so gar nichts von niedlicher Kleinstadt-Idylle hat. Die Polizisten, die hier einem entführten Geldtransport samt Mord auf der Spur sind, könnten genauso gut in Berlin oder Köln ermitteln.

Auch das Timing stimmt: Langsam, vorsichtig, ganz behutsam hebt der Film an, mit viel Zeit, um die Schwächen und Stärken der handelnden Personen kennenzulernen. Die forsche, draufgängerische Nina, die manchmal zu sehr dazu neigt, Impulsen und Eingebungen zu folgen, der bedächtige, ältere Kollege Karl (Alexander Held), der lieber nicht seine Haut aufs Spiel setzt, vor allem aber auch der von Anfang an bekannte Täter (Justus von Dohnanyi), der wie eine tickende Zeitbombe agiert, und selbst Nebenfiguren wie die Wachschutzbeamtin Paula (Melika Foroutan), die gemeinsam mit dem Geldtransporter entführt wird und per Funkgerät versucht, die Polizei zu informieren – sie alle agieren für einen Krimiplot erstaunlich differenziert und vielschichtig. Und die Spannung entsteht nicht so sehr daraus, ein Krimirätsel aufzulösen, sondern aus der Ahnung, dass die Akteure sich im entscheidenden Moment emotional selbst im Wege stehen könnten. Denn selbst für Verbrecher gilt: Liebe mit dem Beruf zu vermischen, das ist nie eine gute Idee.

„Stralsund – Außer Kontrolle“, ZDF, 20 Uhr 15

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