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Kracht

© ARD

Kriminalserien: Mordsrennen

Die ARD schickt drei Krimiserien in einen Wettbewerb um einen Sendeplatz. Das erfolgreichste Format wird dann fortgesetzt.

Ein vergleichbares Experiment hat es in der Geschichte des deutschen Fernsehens noch nicht gegeben: Ab Herbst wird die ARD drei Krimiserien in einen direkten Wettbewerb schicken. Das erfolgreichste Format wird dann fortgesetzt. Hintergrund des ungewöhnlichen Projekts ist das traditionell schwache Abschneiden des Ersten am Montagabend. Wegen der starken Konkurrenz durch „Wer wird Millionär?“ (RTL) und den „Fernsehfilm der Woche“ des ZDF stecken die Sendungen um 20 Uhr 15 und damit auch die nachfolgenden Dokumentationen und Magazine im Quotenloch. Nach dem Überraschungserfolg des „Winzerkönigs“ im vergangenen Jahr beschloss die Serienredaktionsgruppe der ARD, den Montag mit familienfreundlichen Krimikomödien zu stärken, einem Genre also, das schon früher auf diesem Sendeplatz recht gut funktioniert hat („Adelheid und ihre Mörder“). Die Serien werden allerdings zunächst nur jeweils sechs Folgen lang sein. Die redaktionelle Verantwortlichkeit liegt bei mehreren Sendern; auch die Produktionsfirmen sind unterschiedlich.

ARD-Programmdirektor Günter Struve gesteht zwar zu, für deutsche Verhältnisse sei dieser „hochkompetitive Ansatz“ innovativ, „aber anderswo ist das gang und gäbe. Die Amerikaner starten ihre neuen liebevoll betreuten Serien ja auch in dem festen Wissen, dass nicht alle reüssieren werden.“ Er ist sich des Wagnisses durchaus bewusst. Im Gegensatz zum „Winzerkönig“, der in der Sommerpause startete, müssten sich die drei Serien „ohne Zeit zum Aufwärmen“ direkt gegen die etablierte Konkurrenz behaupten. Struve ist dennoch guten Mutes, „high risk, high fun“. Oder auf gut Deutsch: Wer wagt, gewinnt. Erfolgsmarke ist ein zweistelliger Marktanteil.

Während man sich in den zuständigen Redaktionen gelassen gibt und den Wettbewerbsfaktor unisono eher kleinredet, betrachten die Produzenten das Experiment mit durchaus gemischten Gefühlen: Geld, heißt es im Vertrauen, lasse sich mit bloß sechs Folgen nicht verdienen. Die ARD dürfte also durchaus auf einen gewissen Wettbewerbsfaktor auch unter den Produktionsfirmen setzen, denn richtig lukrativ werden die einzelnen Projekt erst, wenn man sie fortsetzen darf. Trotzdem findet Heike Schwarzbach, die für die Kölner Pro „Mord mit Aussicht“ (Arbeitstitel) herstellt, die Herausforderung interessant. Als vergleichsweise kleine Firma werde die Pro alles tun, um im Wettbewerb mit den Großen – die beiden anderen Serien werden von Ufa und ndf produziert – gut auszusehen.

Das Grundmuster der Serie ist laut WDR-Redakteurin Lucia Keuter „eine typische ‚Fish-out-of-water’-Geschichte“: Eine Kölner Kommissarin (Caroline Peters) wird in die hinterste Eifel versetzt. Salz in der Suppe seien jedoch die Elemente, die zwischen den Figuren passierten. Sie betrachtet die Serie auch als Chance und Herausforderung, mehr Humor im Ersten zu verankern. Regie führen Arne Feldhusen („Stromberg“) und Christoph Schnee („Zwei Engel für Amor“). Keuter hofft auf die WDR-typische Quadratur des Kreises: „Wir wollen Geschichten über eine originelle Ermittlerin erzählen, die etwas anders sind und trotzdem den Massengeschmack bedienen.“

Auch Diana Schulte-Kellinghaus (NDR) betrachtet das ARD-Experiment vor allem „als Möglichkeit, etwas Neues auszuprobieren“. „Elvis und der Kommissar“ (gleichfalls nur der Arbeitstitel) stammt wie „Adelheid und ihre Mörder“ von Erfolgsautor Michael Baier („Um Himmels Willen“). Nach dem Ende von „Adelheid“ hoffen NDR und ndf, mit Baiers neuer Serie an den alten Erfolg mit regelmäßig fünf bis sechs Millionen Zuschauern anknüpfen zu können. Deutlich jüngere Hauptdarsteller und eine witzige Ausgangsposition sollen auch ein jüngeres Publikum ansprechen: Titelfigur Elvis ist ein Terrier, der Kommissar Behringer (Jan Gregor Kremp) in einer Aktentasche zum Tatort begleitet. Den Ermittler charakterisiert Schulte-Kellinghaus als „Mischung aus Monk und Columbo“.

Bei allen Figuren soll das Privatleben eine große Rolle spielen, doch für „Die Detektivin“ (auch dies ein Arbeitstitel) gilt das noch ein bisschen mehr. Die Titelheldin (Marion Kracht) ist frisch geschieden und kämpft um das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn. Den Job in einer Detektei bekommt Nadja Paulsen eher zufällig. Für MDR-Redakteur Männel liefert die Serie somit auch einen Beitrag zur aktuellen Diskussion um berufstätige Frauen; und ganz nebenbei sei Nadja Paulsen die erste Privatdetektivin im deutschen Fernsehen. Die Ufa-Serie wird Anfang Oktober den Reigen der Krimiserien eröffnen.

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