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Oliver Welke, Zeremonienmeister vor 2,81 Millionen Zuschauern. Foto: ZDF

© Guido Engels

KRITISCH gesehen: Daheim im Dreck

heute-show. ZDF.

heute-show. ZDF. „Scheißen oder runter vom Pott“, „Auf dem Scheißhaus ...“, „Wie kann man auf so ne Scheiße kommen?“. Debüt einer neuen Talkshow mit Schwerpunkt WC? Oder nur eine Hitparade saftiger Latrinenparolen? Die „heute-show“ ist zurück. Zwölf Wochen Sommerpause. Da hat sich nicht nur fäkalmäßig einiges angesammelt. Auch sonst kennt hier keiner ein Formulierungs-Tabu: „Elende Kollegenschweine“, „Abgewrackte Altparteien“, „Flinten-Uschi“, „Erbärmliche Obama-Nutte“. Sublime Wortspiele, raffinierte Bonmots – aber hier doch nicht. In dieser sogenannten Nachrichtensatire wird mit verbaler Mistgabel ganz tief im Sprachdreck gewühlt. Alles nur tiefschwarz oder strahlend weiß. Zwischentöne kennt und liebt man nicht im „heute-show“-Märchenland. Politiker sind blöd, faul und debil oder debil, faul und blöd. Probleme, Affären oder Konflikte, alles wird auf Strichmännchen-Niveau abgehandelt.

Trotzdem – alles was Verantwortung hat im großen ZDF, betet sicher glückstrunken ein Halleluja nach dem anderen runter. Freitag – 22 Uhr 30, die Zeiten unterirdischer Quoten an diesem Sendeplatz sind vorbei. Am Premieren-Freitag sahen beachtliche 2,81 Millionen zu. Jeder Versuch, anstelle der „heute-show“ etwas ähnlich Erfolgreiches zu etablieren, ist sang- und klanglos gescheitert. Auch Oliver Welke und Co, der Gag-Zeremonienmeister mit hohem Haaransatz und sein Ensemble aus guten und verdammt schlechten Humorarbeitern, können befreit aufatmen. Die Periode nerviger und schlecht bezahlter Gastauftritte in anderen Sendungen ist vorbei.

Die „heute-show“-Attitüde wird mit quotengieriger Arroganz auf den Bildschirm geknallt. Da wird der IS-Konflikt von Aggro-Männchen Gernot Hassknecht in einer 95-Sekunden-Nummer verwurschtet. Ziemlich bemerkenswert, das Hassknecht es Sendung für Sendung schafft, immer die gleichen cholerischen und zugleich öden Wutausbrüche abzuliefern. Der nächste Sketch, eine Reporter-Nummer. Rohrkrepierer wäre schon ein zu großes Lob für diesen Schmieren-Auftritt. Dietrich Hollinderbäumer spielt den Korrespondenten Ulrich von Heesen. Erst verbreitet er für eine Handvoll Euro russische Propaganda, dann, für ein paar Euro mehr, wird er zum Al-Dschasira-Mikrohalter mit Zottelbart und Turban. Zum Schluss liefert noch Martina Hill als Tina Hausten eine anstrengende Parodie auf Klaus Wowereits Rücktritt. Kaum sagt der Regierende Bürgermeister von Berlin Adieu, schon strahlen und fahren wieder alle Berliner S-Bahnen.

Es gibt auch witzige Momente. Christian Ehring und Oliver Welke stellen fest, dass im Programm der Sachsen-AfD auf Seite 23 steht: „Sofortige Abschaffung der Rundfunkgebühr!“ Angstvoller Schrei der beiden. Und die sicher nicht gewollte Erkenntnis, dass auch rechtspopulistische Parteien hin und wieder einen Geistesblitz haben. Richard Weber

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