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Günther Jauchs Talk zur Flüchtlingspolitik wollten 4,27 Mio Zuschauer sehen. Foto: dpa

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KRITISCH gesehen: Gepflegte Plauderstunde

Günther Jauch. ARD.

Günther Jauch. ARD. Was kann es Besseres geben? Nach Günther Jauchs vergangener Talkshow „Gewalt im Namen Allahs – Wie denken unsere Muslime?“ fegte ein Meinungs-Hurrikan durch deutsche Medien. Blutlüsterne Kritik und heiligsprechendes Lob. Von „Sendung eine Katastrophe“, „Verpasste Chance“, „Kapitulation“ bis „Klug und souverän“. Das Plappermaul Abdul Adhim Kamouss wurde von Jauch nicht gestoppt. Da müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn das aktuelle Thema „Der Folter-Skandal – Versagt unsere Flüchtlingspolitik?“ nicht wieder gute Quoten bringt. Brutale Wachmänner, schikanierte Flüchtlinge, katastrophale Unterkünfte – gut für jede Aufregung auf dem und vor dem Schirm.

Doch wenn es um politisches Klein-Klein geht, um Zahlen und Abschiebe-Begründungen, ist es schnell vorbei mit der Aufmerksamkeit. Nach dem Imam lautete die Devise der Redaktion: keine Experimente, mehr solides, aber langweiliges Talkshow-Material. Der Zeuge: Jens Krause, Ex-Wachmann im Flüchtlingslager Burbach. Kann die Vorwürfe und Probleme bestätigen. Der Verantwortliche: Ralf Jäger. SPD-Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Gibt die Missstände zu. Lobt sich für die schnelle und umfassende Aufklärung. Will keine weitere politische Verantwortung übernehmen. Will nicht zurücktreten. Die Macherin: Michaela Vogelreuther. Leiterin des Sozialamts Fürth. Muss schnell und problemlos für Flüchtlingsunterkünfte sorgen. Erzählt von den Schwierigkeiten, in zwei Tagen 300 Menschen unterzubringen. Das Opfer: Maya Alkhechen. In Damaskus geboren. 1989 erste Flucht mit ihren Eltern nach Deutschland. Nur geduldet. Nach Syrien zurückgekehrt. 2012 zweite Flucht. Das gute Gewissen: Cem Özdemir. Der Parteivorsitzende der Grünen kennt die Probleme. Sieht, dass Länder und Kommunen damit überfordert sind. Sieht, dass der Bund sich beteiligen muss. Sieht, dass die EU sich beteiligen muss. Und sieht, dass das Ganze parteipolitisch benutzt wird. Die Null-Nummer: CDU-Politiker Thomas Strobl. Menschgewordenes Politik-Blabla. Man muss private Sicherheitsfirmen genau anschauen. Die Organisation der Flüchtlingsproblematik ist eine föderale Aufgabe. Man kann die Probleme der ganzen Welt nicht in Deutschland lösen.

Bei diesem Seicht-Geseiere hätte Günther Jauch kritischer nachhaken können. Aber Jauch ist kein Dompteur, er stellt Fragen. Und die werden beantwortet. Wenn nicht, dann nicht. Gepflegte Plauderstunde, keine erregende Talkshow. Von allen TV-Talks hat Jauch die höchsten Quoten. Das ist kein Qualitätsmaßstab. Doch der Zuschauer will das alles vielleicht genau so sehen. Auch wenn sich die Kritiker auf den Kopf stellen. Richard Weber

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