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Medien: Kurze Geschichten vom Glück

Von des Slums in Kalkutta bis zum Beduinenzelt in Afrika: Vier ARD-Reportagen von Annette Dittert

Das Glück ist schwer zu fassen. Muss man es suchen oder sich hart erarbeiten – also seines Glückes Schmied sein? Oder ist es wie mit der Brille auf der Nase: Das Glück sitzt einem direkt vor Augen, und man nimmt es nicht wahr? Findet man es in den Slums von Kalkutta und in den Beduinenzelten in Afrika genau so leicht – oder schwer – wie im vergleichsweise reichen Deutschland? Was bedeutet Glück für den Chinesen und was für den Hawaiianer? Die ehemalige Warschau-Korrespondentin Annette Dittert widmete sich ein ganzes Jahr lang dem „Abenteuer Glück“. So heißt ihre ARD-Reihe mit vier Reportagen aus vier Ländern. Man darf da einige Bedenken haben: Das Fernsehen beschwört oft und etwas penetrant das Glück. Irgendwo flimmert immer irgendein Happy End über den Bildschirm, geht ein Quiz-Sieger reich beschenkt aus dem TV-Studio, oder fallen sich getrennte Paare unter Tränen wieder in die Arme. Von diesem künstlichen Fernsehglück ist hier jedoch nicht die Rede.

Die 43-jährige Reporterin Dittert erzählt vier wahre Geschichten von Glückssuchern aus vier Ländern – ohne Kitsch, zum Glück auch ohne den moralischen Gestus: Seht her, ihr Kamele von Deutschen, wie glücklich der arme Wüstensohn ist! In Folge zwei folgt sie dem Tuareg Diko aus der Hafenstadt Mopti im afrikanischen Mali zurück in die Wüste. Diko will lieber wieder Nomade sein. Dittert schafft eine ungewöhnliche Nähe zu dem aufgeschlossenen Tuareg. Sie ist bei allen wichtigen Etappen dabei, auch wie Diko von seiner Ex-Frau den Sohn aus erster Ehe einfordert und wie er mit ihm, seiner zweiten Frau und einigen Kamelen, also einer kleinen Tuareg-Patchwork-Karawane, auf die beschwerliche Reise geht. Die exzellente Kamera von Jan Budzowski und Philippe Cordey lassen „Abenteuer Glück“ zu einem visuellen Erlebnis werden, besonders für Zuschauer mit hochauflösenden Zukunftsfernsehern. Ein Happy End war dabei vor Drehbeginn der vier Reportagen nicht garantiert. Auch nicht in der heutigen Auftaktfolge. Sie handelt von Michelle, die in Honolulu als Kellnerin arbeitet. Ihr Verlobter Frank sitzt wegen Drogendelikten im Gefängnis. Wenn er die Jury bei der Bewährungsverhandlung überzeugt, kommt er vorzeitig raus. Michelle würde dann mit Frank einen Neuanfang wagen. Und vielleicht auch im Pub wieder als Sängerin auftreten. Ihre vage Hoffnung aufs Glück setzt Dittert in Kontrast zum gut durchorganisierten (Hochzeits-) Glück der zahlreichen Japaner. Zehntausende Paare reisen jährlich auf die Pazifik-Insel, um sich trauen und vor dem wunderbar blauen Ozean fotografieren zu lassen. Auch hier, ebenso wie in der Wüste, erzählt Annette Dittert ihre Geschichten mit viel Sinn für Humor und Alltagskomik.

In den Folgen drei („Kalkutta“) und vier („China“) hat die Reporterin selbst mächtiges Glück gehabt. Die recherchierte Geschichte in Indien entpuppte sich vor Ort als Fälschung, und in China wurde ihr die Drehgenehmigung entzogen. Dittert musste innerhalb weniger Tage neue Glückssucher finden: In Kalkutta war es der zwölfjährige Hussein, der dem Elend durch eine Anstellung in einer Blechbläserband zu entkommen hofft. In China waren es zwei alte Männer, die das erste Mal in ihrem Leben aus ihrem Bergdorf nach Schanghai aufbrechen.

Nebenbei: Annette Dittert, die im vergangenen Jahr den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis erhielt und im April 2006 ihren nächsten ARD-Job als Studioleiterin in New York antreten wird, macht den Altvorderen ordentlich Dampf. Auf den beliebten Sendeplätzen der Reisereportagen „zwischen den Jahren“ durfte sich bisher männliche Prominenz wie Gerd Ruge, Klaus Bednarz und Fritz Pleitgen tummeln, die im nächsten Jahr ihr Publikum mit einem gemeinsam produzierten Dreiteiler aus den Rocky Mountains wieder beglücken dürfen.

„Abenteuer Glück“, ARD, 28., 29., 30. Dezember, 2. Januar, jeweils 21 Uhr 45

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