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Medien: Lebensvermesser: Hans-Dieter Grabe wird 70

Mehr als 60 Filme hat der Dokumentarist Hans-Dieter Grabe für das ZDF gedreht. Heute nimmt der Filmemacher seine Kamera nicht mehr in die Hand, dafür wird er häufig mit seinen Filmen eingeladen.

Mehr als 60 Filme hat der Dokumentarist Hans-Dieter Grabe für das ZDF gedreht. Heute nimmt der Filmemacher seine Kamera nicht mehr in die Hand, dafür wird er häufig mit seinen Filmen eingeladen.

Grabe ist ein Autor mit langem Atem, das macht ihn zum bedeutendsten filmischen Erzähler von Lebensgeschichten. Er drehte 1970 in Vietnam auf dem Lazarettschiff „Helgoland“, es entstand der preisgekrönte Film: „Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang“. Grabe zeigte das Schicksal von Kriegsopfern, Frauen und Kindern, ein verstörendes Dokument. Grabe lernte den Jungen Do Sanh kennen und schuf über ihn noch vier weitere Filme – ein ganzer Lebenslauf. Auch den Arzt Alfred Jahn beobachtete Grabe später wieder als Chef der Kinderchirurgie in Landshut und Jahre später in einem Kinderkrankenhaus in Ruanda.

Im lauten Medium Fernsehen war HansDieter Grabe immer einer von den Stillen. Er suchte nicht nach dem Spektakulären. Seine Geschichten ergaben sich aus der Filmarbeit, ein Stoff führte zum nächsten. Grabe dachte weniger in Ereignissen, er war in seinem Metier ein Vermessungsingenieur: nahm das Individuum in den Blick und vermaß Lebensfelder.

Bei der Suche nach einem Stoff über Flucht und Vertreibung, die den falschen Beifall von rechts ausschließen sollte, durchsuchte er Tagebücher und stieß auf das „Wartheländische Tagebuch“. Hier fand er Material zwar nicht für einen Film über Vertreibung, wohl aber für eine der ersten Täterbiografien des deutschen Fernsehens. „Er nannte sich Hohenstein“ wurde sein wichtigster Film. Darin zeichnet er mit Dokumenten und Texten das Bild eines Amtskommissars im besetzten Polen und schildert den vielschichtigen Charakter eines Mitläufers.

Grabes Filme sind genau und sparsam. Er konzentrierte sich meist auf einzelne Menschen, seine Protagonisten. Zerschnipselte Aussagen oder gefühlige Musik – Grabe hat nicht ein einziges dieser inzwischen so geläufigen Mittel eingesetzt. Seine Filme sind, von heute aus gesehen, anachronistisch. Deshalb haben sie sich halten können. Heute wird HansDieter Grabe 70 Jahre alt.

Fritz Wolf

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