zum Hauptinhalt

LeFloid interviewt Angela Merkel: Youtube statt ARD-"Sommerinterview"

Youtube-Star LeFloid interviewt Kanzlerin Angela Merkel. Das ist für beide Neuland - und birgt eine Gefahr. Ein Kommentar.

Natürlich wäre der Vergleich sehr reizvoll. Am Freitag interviewt der Youtube-Star LeFloid die Bundeskanzlerin. Am Sonntag wollte die ARD im „Sommerinterview“ mit Angela Merkel sprechen; dieser Termin fällt aus, die Kanzlerin ist zum nächsten Griechen-Gipfel in Brüssel.

Also ist LeFloid aka Florian Mundt allein im Kanzleramt. Spätestens am Montagnachmittag soll das Interview im Youtube-Kanal „LeNews – Action News. Aber hart!“ hochgeladen werden. 2,6 Millionen Menschen haben das Format abonniert, jedes der Videos wird durchschnittlich eine Million Mal angesehen. Angela Merkel kann mit großer Aufmerksamkeit im jungen Publikum rechnen.

Für beide ist das Treffen „Neuland“. Merkel hat sich noch nie von einem Youtuber interviewen lassen, LeFloid ist auf seinem News-Format nicht mit Interviews, schon gar nicht mit Spitzenpolitikern hervorgetreten.

Lässt sich LeFloid von Merkel instrumentalisieren?

Zwei Mal Skepsis. LeFloid, der nicht ausgebildete Journalist, lässt sich von der Kanzlerin böse instrumentalisieren. Der Blogger wird, ohne es zu realisieren oder zu reflektieren, zu Merkels willigem Helfer, wenn er Kanzler-PR transportiert. Ist auch schon ausgebufften Profis bei Print und Fernsehen passiert, sie werden beim 27-jährigen LeFloid umso genauer hinhören und hinsehen. Merkel, die kinderlose Kanzlerin, geht gleichfalls ins Risiko. Schon beim „Neuland“ kicherte die Netzgemeinde, trifft Merkel so gar nicht Denke und Ton der jungen LeFloid-Anhänger, wird die 60-Jährige harsche Reaktionen beim Youtube-Volk ernten.

Ja, aber – nein, danke – Ranschmeiße der Politik – Youtuber, jung und naiv: Es herrscht weitverbreiteter Pessismus über den (journalistischen) Nutzen von Youtube und den sozialen Netzwerken. In der Glaubwürdigkeitsskala aller Medien rangieren sie weit hinter der Presse, den öffentlich-rechtlichen Sendern und nur vor der „Bild“, das hat aktuell eine repräsentative Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ergeben.

Für viele Internetnutzer ist der „LeNews“-Kanal der erste und vielleicht der einzige Zugang zu politischen Informationen. Der Umgang ist spielerisch, laut, nicht immer fest in der Recherche, allerhand Behauptung ohne Beweis, auf jeden Fall unterhaltsam. Politiker, die sich deswegen nicht auf diesen schwankenden Boden begeben, die machen einen riesigen Fehler. Wer auf Distanz, nur auf die festgefügten Rituale politischer Kommunikation setzt, dem wird mit Distanz geantwortet. LeFloid kann ohne Merkel, Politik kann längst nicht mehr ohne Youtube.

Joachim Huber
Joachim Huber

© Kitty Kleist-Heinrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false