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AirBerlin Magazin

© Repro: tsp

Lesen: Magazin an Bord

Werbung und Unterhaltung – warum die Hefte von Bahn und Airlines so gut funktionieren.

Joachim Hunold ist nicht nur Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, er ist auch Kommentator. Und in seinen Editorials geht er richtig ran. „Während die Hälfte der Weltbevölkerung hungert, verwendet man Weizen zum Heizen“ wettert der Boss von Deutschlands zweitgrößter Airline über die gegenwärtige Klimadebatte im kostenlosen Bordmagazin, dem „Air Berlin Magazin“. Aber eigentlich geht es in dem Heft nicht um die große Politik, auch wenn Hunolds Editorial bereits mit der „Goldenen Feder“ ausgezeichnet wurde.

Wie bei den meisten Bordmagazinen soll vor allem kurzweilige Unterhaltung für die Passagiere geboten werden. Schließlich soll doch die Zeit an Bord wie im Flug vergehen. Und da lässt man sich bei Air Berlin nicht lumpen. Vor kurzem wurde dem Bordmagazin ein neues Layout verpasst. Das von der Airline selbst hergestellte Heft erscheint alle zwei Monate in einer Auflage von 350.000 . Dem wachsenden Anteil internationaler Fluggäste will man Rechnung tragen, indem das Magazin zum Teil in Englisch erscheint. Vor allem aber geht es um die vielen Reisenden, für die mit dem Besteigen des Flugzeugs der Urlaub beginnt.

Ebenfalls sehr wichtig ist der Serviceaspekt. In einer Kolumne greift Chefredakteur Peter Hauptvogel Themen aus dem Alltag auf. In diesem Monat geht es, passend zur Tour de France, ums Radfahren. Und die Lektüre ist auch außerhalb des Fliegers gefragt. „Viele nehmen das Magazin auch mit nach Hause“, sagt Air-Berlin Sprecherin Yasmin Born. „Unser Heft ist ein Service an die Passagiere, genauso wie die kostenlosen Getränke, die wir immer noch servieren“, so Born über den Zweck eines Bordmagazins.

Auch bei der Air-Berlin-Partnerairline LTU wird im „LTU Magazin“ das Thema Service für den Urlaubsreisenden großgeschrieben. So gibt es in der Juli-Ausgabe in der Heftmitte einen Überblick über die interessantesten Events des Sommers in ausgewählten europäischen Städten. Sind die Bordmagazine von Air Berlin und LTU vor allem ein Angebot an den Urlaubsreisenden, präsentiert sich das Bordmagazin der Lufthansa als Heft für Vielflieger und Geschäftsreisende. Seit 1998 wird die Bordlektüre durch den Verlag Gruner + Jahr produziert. Neben dem an Bord der Flugzeuge ausliegenden „Lufthansa Magazin“ gibt es noch weitere Titel, die meist nur einem Teil der Kundschaft vorbehalten sind. So bekommt das Magazin „Lufthansa Exclusive“ nur derjenige, der bei Lufthansa mindestens den Status des „Frequent Travellers“ innehat. Um diesen zu erreichen, muss man mindestens 35 000 Meilen „erflogen“ haben. Dafür erreicht „Lufthansa Exclusive“ genau die Leute, die sich die Werbung wünscht. Und auf die Wünsche der Zielgruppe ist das Magazin auch inhaltlich zugeschnitten, es geht vor allem um Business und Lifestyle. Seit dem letzten November gibt es ein weiteres Magazin mit weiblicher Zielgruppe: „Lufthansa Woman's World“ erscheint vier Mal im Jahr . Die viel reisende Frau von Welt findet hier vor allem die neusten Modetipps.Die Auflage von „Woman’s World“ liegt bei 170.000 Exemplaren je Ausgabe.

In der Aufmachung müssen die Lufthansa-Titel den Vergleich mit hochpreisigen Kaufzeitschriften nicht scheuen. Dass die Lufthansa vor allem auf Lifestyle setzt, macht sich auch in der Werbung bemerkbar, denn vor allem Anbieter von Luxusgütern wie teuren Armbanduhren, Parfüms und Schmuck oder auch noblen Hotels werben im Bordmagazin der Kranich-Airline und dessen Schwesterblättern „Lufthansa Exclusive“ und „Woman’s World“ . Der Werbeaspekt ist wichtig für die „Inflights“. Bordmagazine sind vor allem deshalb gut für Werbung geeignet, weil Geschäftsreisende und Vielflieger häufig nicht nur über ein hohes Einkommen verfügen, sondern auch oftmals wichtige Entscheider sind. Auch die internationale Leserschaft trägt zur großen Attraktivität für Werbekunden bei.

In Bordmagazinen werden die redaktionellen Berichte meistens in Englisch und in der Landessprache der Fluggesellschaft abgedruckt, was eine hohe Reichweite ermöglicht. Zu Beginn der 1990er Jahre schlossen sich verschiedene Bordmagazin-Verlage zum Inflight Marketing Bureau (IMB) zusammen. Seitdem erhebt das IMB immer wieder Zahlen zur Akzeptanz der „Inflights“. Zuletzt wurde im Jahr 2006 eine Studie durchgeführt, die das Bordmagazin als lukrative Werbeplattform sieht: Weltweit reisen jährlich zwei Milliarden Menschen mit den verschiedenen Fluggesellschaften. 69 Prozent der Passagiere lesen während des Flugs Bordmagazine. 51 Prozent probieren nach eigener Auskunft ein neues Produkt aus, nachdem sie es in einem Bordmagazin gesehen haben.

Kernstück eines jeden Bordmagazins: Die Airline-spezifischen Informationen im hinteren Teil des Heftes. Hier wird meist das Streckennetz und die Flotte vorgestellt. Auch die neusten Nachrichten zur Gesellschaft wie neue Allianzpartner oder Hotelkooperationen finden sich hier.

Wer nach Bordmagazinen sucht, muss dafür nicht gleich in die Luft gehen. Das von Gruner + Jahr produzierte Magazin „mobil“ ist das bodenständige Pendant der Deutschen Bahn zu den „Inflights“. Es erscheint monatlich in einer Auflage von 500.000 Exemplaren und fordert sogar dazu auf, dass der Leser es einsteckt. Das Heft hat einen Umfang von etwa 100 Seiten. Es gibt die sechs Themengebiete „Leute“, „Reise“, „Bahn“, „Business“, „Wissen und Visionen" und „Szene“. „,mobil’ ist das Magazin einer mobilen Generation, dem Kunden angeboten in einer nahezu idealen Lesesituation – nämlich im Zug“, sagt Chefredakteur Harm Clüver. „Da die Menschen im Zug über drei Stunden nicht wegkönnen, ist ,mobil’ eines der meistgelesenen Magazine in Deutschland.“ Das Cover wird stets von einem Prominenter geziert, der im Heft unter der Rubrik „Leute“ porträtiert wird.

Wie bei Air Berlin schreibt auch bei der Bahn der Chef das Editorial. Und auch Hartmut Mehdorn hat das Thema Klimaschutz entdeckt. Im Gegensatz zu Joachim Hunold gibt er sich allerdings gelassener: „Es ist gut, dass hier ein neues Bewusstsein einzieht“, schreibt er im Juli-Heft. Und betont, welches Verkehrsmittel am klimafreundlichsten ist – die Bahn.

Pablo Silalahi

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