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Leserdebatte: Wie gefallen Ihnen die Stuttmann-Karikaturen in Farbe?

Heute ist der Tagesspiegel zum ersten Mal mit einer Stuttmann-Karikatur in Farbe erschienen. Prominente Zeichner sind sich uneins, ob ihre Werke schwarz-weiß bleiben sollten. Wie gefällt Ihnen die Änderung, liebe Leserinnen, liebe Leser? Diskutieren Sie mit!

Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal ist am 2. Juli eine Stuttmann-Karikatur in Farbe im Tagesspiegel erschienen. Mit dieser Änderung gestaltet der Tagesspiegel einen Trend mit, der in der Karikaturisten-Szene festzustellen ist: weg von schwarz-weiß, hin zur Farbe. Tagesspiegel-Zeichner Klaus Stuttmann ist einer der wichtigsten deutschen Karikaturisten - und viele seiner Arbeiten zeigen beispielhaft zwei wichtige Trends der politischen Karikatur.

Zum einen steht die Arbeit von Stuttmann für die in deutschen Zeitungen und Zeitschriften ungebrochen populäre Verbindung von Elementen der Sachkarikatur mit der personalen Individualkarikatur. Zum anderen wird hier der satirisch-kommentierende Effekt nicht durch ein Einzelbild erzielt, sondern durch eine Episode, die mit der dynamischen Kombination von zusammenhängenden, bunten Einzelbildern, Sprechblasen und Bewegungslinien zentrale Stilmittel des Mediums Comic aufgreift.

Das ist eine Entwicklung, die in der politischen Karikatur Deutschlands gerade in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, wie Michaela Veith, Koordinatorin des „Rückblende“-Wettbewerbs, beobachtet hat: „Der Trend geht in Richtung Comic“, sagt sie. „Statt künstlerischer Arbeiten ohne Worte gibt es zunehmend bunte Bildfolgen mit Sprechblasen, die im Graubereich zwischen Comic und Karikatur angesiedelt sind.“ Diesen Trend illustriert auch der zweite Preisträger der aktuellen „Rückblende“, eine aus einer Bildersequenz bestehende Karikatur von Elias Hauck und Dominik Bauer zu den Folgen der Finanzkrise.

Stuttmann in Farbe:

Stuttmann in Schwarz-weiß:

Gut 20 hauptberufliche Karikaturisten, die regelmäßig in Tageszeitungen publizieren und von ihrer Arbeit leben können, gibt es in Deutschland, dazu eine stetig wachsende Zahl von Teilzeitzeichnern. Frauen findet man in diesem Gewerbe bis heute so gut wie gar nicht. Zu den wichtigsten tagespolitischen Karikaturisten, die teilweise seit Jahrzehnten das Genre mitgeprägt haben, zählen neben dem 1949 geborenen Stuttmann die Zeichner Horst Haitzinger und Rainer Hachfeld (beide Jahrgang 1939), Dieter Hanitzsch (Jahrgang 1933), Reiner Schwalme (Jahrgang 1937) und zunehmend auch Thomas Plassmann (Jahrgang 1960) sowie Heiko Sakurai (Jahrgang 1971).

Die meisten Karikaturisten beliefern parallel mehrere Zeitungen. Das hat dazu geführt, dass einige wenige Zeichner sehr viele Blätter gleichzeitig bedienen, während es bei anderen kaum zum Broterwerb reicht. Die Konzentrationstendenzen im Tageszeitungsmarkt verstärken diesen Trend noch: Immer mehr Publikationen werden von sogenannten Mantelredaktionen erstellt, die gleichzeitig zahlreiche regionale Zeitungen beliefern – inklusive Karikaturen.

Während manche darin eine beunruhigende Monopolisierung und Konzentration des Marktes sehen, betonen andere eher die positive Entwicklung der politischen Karikatur in Deutschland: „Es wird bunter und vielfältiger, was Formen und Farben betrifft“, sagt Michaela Veith. Klassische Karikaturen, die einen politischen Akteur lediglich in überzeichneter Weise porträtieren oder einen aktuellen Sachverhalt in einer einzelnen Schwarz-Weiß-Zeichnung aufspießen, werden seltener. Während die Veteranen der Profession wie Luis Murschetz oder Gustav Peichl alias Ironimus sich aus dem aktuellen Geschäft zurückziehen, wächst eine neue Generation heran, die offener für formale Experimente ist, hat Veith festgestellt.

In der Galerie: Die Karikaturen von Stuttmann und Schwalme für den Tagesspiegel:

Das hat auch mit der technischen Entwicklung zu tun: Immer mehr Zeichner arbeiten direkt am Computer. Und für immer mehr ist es lediglich ein Nebenjob – mit nicht nur positiven Nebeneffekten, wie Otto Wolf, Koordinator des Deutschen Preises für die politische Karikatur („Die Spitze Feder“), kritisiert: „Es werden heutzutage nicht mehr so große Anforderungen an die zeichnerische Qualität gestellt wie früher.“ Während Zeichner voriger Generationen wie der 2009 gestorbene Paul Flora oft Tage für eine künstlerisch ausgereifte Arbeit zur Verfügung gehabt hätten, müssen heutige Karikaturisten, die zunehmend auch im Internet publizieren, angesichts des immer schneller werden Nachrichtendurchflusses öfter und kurzfristiger liefern.

Stuttmann zeichnet live: Eine Merkel-Karikatur entsteht:

Und noch einen Trend diagnostiziert Wolf: Zwar sind bei der Tageszeitungskarikatur aktuelle politische Themen nach wie vor das Kerngeschäft der Karikaturisten. Bei den Zeitschriften hingegen, die früher ebenfalls regelmäßig politische Karikaturen abdruckten, werden politische Arbeiten zunehmend durch unpolitische Cartoons ersetzt, die primär unterhalten sollen und weniger ironisch-analytisch sind.

Auch wenn in den vergangenen Jahren immer wieder neue Zeichner nachgewachsen sind, machen sich alte Hasen wie Klaus Stuttmann zunehmend Sorgen um die Zukunft ihrer Profession. „Wenn man das Auge über die Häupter der Kollegen schweifen lässt, sieht man eigentlich nur die Farbe Weiß“, sagt er über die Überalterung der Zunft. Unter den Preisträgern der wichtigsten Auszeichnungen für politische Karikaturen finden sich allerdings zunehmend auch Namen jüngerer Zeichner. So gewann die „Spitze Feder 2012“ der 1970 geborene Zeichner Piero Masztalerz. Und das Zeichnerduo Hauck & Bauer, das den zweiten Preis des jüngsten „Rückblende“-Wettbewerbs gewann, ist Jahrgang 1978.

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