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Medien: Liberal als Schimpfwort

CNN-Talk „Lou Dobbs tonight“ attackiert von rechts

George W. Bushs derzeit gefährlichster politischer Gegner ist kein Politiker. Es ist auch kein Bürger- oder Menschenrechtsaktivist und schon gar kein Liberaler. Sondern ein Mann, der wie Bush in Texas geboren ist, doch weiter rechts steht und es in diesen Tagen auf eine erstaunliche Medienpräsenz mit beneidenswerten Einschaltquoten bringt: Lou Dobbs, 60 Jahre alter Moderator einer News-Show bei CNN.

Der Nachrichtensender präsentiert sich selbst als „Informationsquelle mit dem höchsten Vertrauenswert“, als bedingungslos objektiv. Lou Dobbs ist das genaue Gegenteil. Seine abendliche Sendung „Lou Dobbs tonight“ übertrifft an Parteilichkeit selbst den stramm konservativen Kabelsender Fox News. Jetzt hat er sie zum Sturmgeschütz gegen einen liberalen Umgang mit den elf Millionen illegalen Zuwanderern in den USA gemacht. Jedes Jahr kommen 600 000 dazu. Zum Großteil sind es Hispanics, Menschen aus Mittel- und Südamerika, die sich auf der Suche nach einem besseren Leben über Mexiko in die USA schmuggeln.

Ein typischer Tag in der jüngsten Zeit sah für Lou Dobbs so aus: Morgens Auftritt in „Today“, dem Frühstücksfernsehen des Konkurrenzsenders NBC, wo er einen Fürsprecher der Liberalisierung niedermachte. Anschließend denunzierte er in CNN’s „American Morning“ den Gesetzesentwurf des Senats, der Illegalen nach vierstelligen Geldstrafen und mehreren Jahren Wartezeit als Steuer zahlenden „Gastarbeitern“ ein Bleiberecht anbietet, als verantwortungsloses „Amnestieprogramm“. Abends trommelte er in seiner eigenen Sendung. Da kommen dann Republikaner zu Wort, die die Solidaritätsdemonstrationen mit bis zu 500 000 Teilnehmern – größer als jede Anti-Irak-Demo bisher in den USA – skandalös finden. Illegale haben keine Rechte; wenn sie es dennoch wagen, für ihre Interessen öffentlich einzutreten, zeige das nur, wie weit der Verfall von Recht und Ordnung bereits fortgeschritten ist. Das sei „Verrat an denen, die dieses Land aufgebaut haben – Amerikas Mittelklasse“, kontert er das eingängigste und damit gefährlichste Argument der Liberalisierer, „alle Amerikaner sind Einwanderer“.

Während des dreitägigen Amerikagipfels von Mexikos Präsident Vicente Fox, Kanadas Premier Stephen Harper und Bush im mexikanischen Badeort Cancun sendete auch Dobbs aus Mexiko. Seine Bilder zeigten die Unfähigkeit, die Grenze zu sichern: Hispanics, die scheinbar überall ungehindert über den Zaun klettern. Und natürlich durfte eine „Bombennachricht“ von der legalen Grenzstation nicht fehlen: In einem Test war es Agenten gelungen, zwei Lieferungen radioaktiven Materials für eine „schmutzige Bombe“ ins Land zu schmuggeln.

CNN ist jetzt unter Druck. Aber nicht wegen Dobbs Parteilichkeit. Sondern wegen seines Erfolgs. Anders als Fox News oder MSNBC setzt CNN bei den News-Shows ansonsten eher auf „political correctness“. Doch Paula Zahn und Kolleg(inn)en verlieren an Quote. Dobbs dagegen, die CNN-Ausnahme, gewinnt mit seinem Populismus: 24 Prozent mehr Zuschauer im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch beteuert Jonathan Klein, Präsident von CNN-US, man habe nicht vor, auch anderen Programmen mehr politische Schlagseite zu geben.

Dobbs Konservatismus ist nicht wirtschaftsfreundlich, trotz seines Ökonomiestudiums in Harvard und trotz seines jahrelangen Erfolgs als Wirtschaftsjournalist und Finanzratgeber bei CNN. Er kämpft an der Seite des kleinen Mannes gegen die globalen Konzerne, streitet für den Schutz amerikanischer Interessen und amerikanischer Jobs. Bei seinen politischen Zielen agiert er äußerst ökonomisch: Rechten Gästen seiner Sendung dient er als Stichwortgeber. Liberalen dagegen schneidet er „mit Blick auf die Sendezeit“ schon mal das Wort ab.

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