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Unter den Linden. Im September wird das Berliner Büro von Google an der Prachtstraße offiziell eröffnet. Von hier aus soll verstärkt Lobby-Arbeit betrieben werden.

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Lobby-Arbeit: Google hat es auf Deutschland abgesehen

Wie der Internet-Riese Google in Deutschland durch den täglichen Austausch mit Politik, Presse und Verbänden seine Interessen vertritt.

An Google scheiden sich mitunter die Geister. Für die einen, für die meisten, ist es die mit weitem Abstand wichtigste Internet-Suchmaschine, das Einstiegstor zur digitalen Welt, für die anderen ist das 1998 gestartete Unternehmen – mindestens aufgrund der monopolähnlichen Stellung – eine Firma, der es permanent auf die Finger zu schauen gilt. Der Suchmaschinen-Riese beherrscht auch den deutschen Markt und erfasst für seine Mission, das Wissen der Welt zugänglich zu machen, noch viele andere Bereiche. Gleichzeitig setzt der Konzern im Hintergrund viel daran, dass möglichst viele Leute von Google begeistert sind. Ein Teil der Lösung ist Public Affairs, die mehr oder minder offene Lobbyarbeit – und das nach dem Heimatmarkt längst auch in Brüssel und Berlin.

In den USA gab der Konzern für den Kontakt zur Politik im Jahr 2011 mehr als zehn Millionen Euro aus – bei einem Jahresumsatz von 29 Milliarden Euro. Allein drei Millionen Euro stellte der Konzern für PR-Agenturen zur Verfügung, die beraten und Kontakt herstellen. Im europäischen Lobby-Register weist der Konzern für das vergangene Jahr 600 000 bis 700 000 Euro aus. Das ist noch nicht so viel, verglichen mit anderen kontinentalen Groß-Unternehmen. Tendenz aber – steigend. Den Angaben zufolge pflegen hier sieben Mitarbeiter von Google die politischen Kontakte in Brüssel.

In Deutschland fehlt ein Transparenzregister. Daher fehlen fassbare Zahlen, sagt Ralf Müller von der Initiative Lobbycontrol. Die Berliner Repräsentanz von Google Unter den Linden 14, die im September offiziell eröffnet wird, beschäftigt laut Google-Sprecher Ralf Bremer sieben Mitarbeiter. Das sei eine Größe, in der sich auch die Niederlassungen vergleichbarer Konkurrenten bewegen, etwa Microsoft, so Müller. Sie alle versuchen, mit Abgeordneten ins Gespräch zu kommen und Gesetzesinitiativen möglichst in ihrem Sinne zu beeinflussen. „Wir sind hier in Berlin, um Politik und Öffentlichkeit über unser Unternehmen, unsere Produkte und Philosophie zu informieren“, sagt der Google-Sprecher. „Neben dem täglichen Austausch mit Politik, Presse und Verbänden haben wir in unserem neuen Büro Gesprächsreihen gestartet.“ Für „Innovators @Google“ wird zur Debatte über die Berliner Start-up-Szene eingeladen, bei „Inspiring Women@Google“ sollen „außergewöhnliche Frauen aus Politik und Gesellschaft“ zu Wort kommen. Das Berliner Büro solle ein Ort der Begegnung und der Debatte sein. „Wir sind hier“, sagt Bremer, „um Google ein Gesicht zu geben“. Der aktuellen Ausgabe von „Politik und Kommunikation“ hat Bremer hinzugefügt: „Wir wollen in Berlin von einer eher reaktiven zu einer aktiveren Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übergehen.“ Unter anderem solle über Googles eigenes Geschäftsmodell aufgeklärt werden. Viele wüssten nicht, dass Google Werbung verkaufe statt persönliche Daten weiterzugeben.

Für den Vorsitzenden des Vereins Digitale Gesellschaft, Markus Beckedahl, gleicht Googles Vorgehen dem von Microsoft: „Sie verwenden eine ähnliche Strategie, bei bestimmten Themen haben sie eigene Lobbyisten an den Schaltstellen.“ Google-Sprecher Bremer bestätigt, dass Deutschland für Google ein Schlüsselmarkt ist. Hierzulande wird immer wieder große Skepsis wegen des Datenschutzes geäußert. „Google ist klar, dass sie von hier aus Europa knacken können“, sagt Beckedahl. Vor allem die Debatte über „Streetview“ habe Google sensibilisiert.

Für Deutschland ungewöhnlich ist Googles Ansatz, Initiativen ohne unmittelbares Interesse zu umgarnen. Der US-Konzern unterstützt den Aufbau des Programms Adhocracy, das bei Mitbestimmung im Netz hilft. Auch „Collaboratory“ wird von Google finanziert, eine Plattform, bei der Experten aus allen Fächern über die Zukunft von Internet und Gesellschaft diskutieren können. Ihre Freiheit ist so groß, dass Abschlussberichte schon mal kritisch über Google urteilen. Auch bei der Finanzierung des Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft in Berlin ist der Nutzen nicht auf den ersten Blick erkennbar. Das Unternehmen stellt 4,5 Millionen Euro zur Verfügung und ist auch ein Jahr nach der Präsentation noch der einzige Großfinanzier. Das Institut wird deshalb im Volksmund pragmatisch „Google-Institut“ genannt. Inzwischen erforscht es etwa soziale Netzwerke – sowohl wirtschaftlich und rechtlich als auch kulturell. Michael Hörz, Daniel Bouhs (dapd), Markus Ehrenberg

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