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Wissen macht Spaß ist die Botschaft der jungen Magazine. „Yuno“ ist der jüngste Neuzugang in diesem Markt und kommt wie „Geolino“ aus dem Verlag Gruner + Jahr.

© Promo

Magazine: Hey, Herr Gysi!

Konkurrenz für "Bravo": "Stern", "Geo" und "Spiegel" werben mit kindgerechten Ablegern um junge Leser.

Wie spricht man als Erwachsener bloß mit Zehn- bis 14-Jährigen? Vor allem, wenn man sie für „echten, qualitativ hochwertigen Journalismus“ begeistern will? Das neue Jugendmagazin des „Stern“, „Yuno“, probiert es auf seine Weise – und beginnt sein Editorial deshalb mit: „Hey!“

Es wird vermutlich in der Redaktion lange Diskussionen um diese drei Buchstaben gegeben haben. Denn „Yuno“, das „Stern“-Magazin für Leser ab zehn, ist noch ein Experiment für den Verlag Gruner + Jahr (G+J). Am 15. Juni ist es zum ersten Mal erschienen, als sogenannter One-Shot. Ob es ein zweites Mal gibt, hängt von den jungen Lesern ab – und denen, die ihnen die Zeitung kaufen sollen. „,Yuno’ ist inhaltlich eine Jugendzeitschrift. Aber wir haben gewissermaßen zwei Zielgruppen: Die Jugendlichen und deren Eltern“, sagt „Yuno“-Verlagsleiterin Antje Schlünder.

Das erste Cover ziert deshalb Johnny Depp, ein Star, den auch die Mama mag. Titel und Logo stehen oben in einer Art Banner; größere Geschichten (Modeblogs für die Mädchen; Philipp Lahm im Interview und der Schutz der Ozeane) werden in Buttons abgebildet, die stark an Apps fürs iPhone erinnern. Das Heft ist bunt, aber kein Knallbonbon und der Text – vom „Hey“ abgesehen – nicht extra auf jung getrimmt geschrieben. Eine schicke Einladung zum Blättern, die zeigen soll, dass die Macher ihre Zielgruppen kennen. Die Kinder, von denen bereits zwei Drittel laut der Kids-VA-Studie 2009 des Ehapa-Verlags regelmäßig vor dem Computer sitzen oder das Internet nutzen. „Eine visuelle Generation, die man nur über Bilder in den Text zieht“, sagt Antje Schlünder. Und die Erwachsenen, die auf Themen wie Umwelt und Klimaschutz anspringen – und deshalb gerne bereit sind, drei Euro auszugeben, damit das Kind besser nicht die „Bravo“ liest.

Gegen das bunte Popmagazin aus dem Bauer-Verlag wollen die neuen Wissens- und Nachrichtenmagazine für Kinder und Jugendliche allerdings nicht antreten. G+J und der Spiegel-Verlag ködern die Zielgruppe, indem sie Ableger der „Großen“ wie „Stern“, „Geo“ und „Spiegel“ für die Kleinen herausbringen. Ihr Anspruch ist unterhaltsame Bildung oder bildende Unterhaltung – jugendgerechtes Edutainment: „Einfach mehr Wissen“ lautet die Unterzeile bei „Dein Spiegel“, „Geolino“ wirbt mit „Wissen macht Spaß“, und bei „Yuno“, dem jüngsten Neuzugang“, heißt es „Spaß feat. Wissen“. Doch Kinder und Jugendliche werden von allen Seiten umworben: Über 80 Titel sind bei der IVW für Jugendliche gelistet, fast 70 richten sich an jüngere Kinder. Kann man sich da mit Nachrichten und Wissen überhaupt einen Platz im Kinderzimmer erkämpfen?

Medienökonom Jan Krone sieht in den Kinder-Ablegern der Nachrichtenmagazine einen Versuch, die Markenbindung bei Kindern zu stärken. Und ihnen damit das „Zappen“ zwischen Titeln gleich von klein auf abgewöhnen.

Dass der Mittelweg zwischen Bildung und Kommerz für Kinder durchaus kommerziell erfolgreich sein kann beweist Marktführer „Geolino“, ein Ableger des Magazins „Geo“, ebenfalls aus dem Hause Gruner + Jahr. 1996 erschien es zum ersten Mal, seit 2001 gibt es das Heft monatlich. Mittlerweile werden 226 000 Stück davon jeden Monat verkauft, davon 172 000 im Abo. Angst vor Konkurrenz zwischen „Geolino“ und dem jüngsten Spross „Yuno“ gebe es bei Gruner + Jahr keine. „Wir bedienen das Thema Wissen nur ab und an“, sagt „Yuno“-Verlagsleiterin Antje Schlünder.

Konkurrenz droht dagegen eher aus dem Spiegel-Verlag. „Dein Spiegel“ gibt es seit 2009 für 3,40 Euro am Kiosk. Nicht nur das Layout, auch der Preis signalisiert: Ein Markenprodukt aus gutem Hause. Und bietet inhaltlich mehr als reines Marketing in der jungen Zielgruppe, finden die Macher: „Natürlich sieht man auch ,Dein Spiegel’ die Marke ,Spiegel’ an“, sagt Ansbert Kneip, verantwortlicher Redakteur für „Dein Spiegel“ und einer der Entwickler des Magazins. „Doch eine Kinderzeitschrift zu machen, allein damit die Kinder später den Erwachsenen-,Spiegel’ lesen, macht keinen Sinn.“

Mehr als das rote Cover ist es die Themenauswahl, die „Dein Spiegel“-Leser auf den „Spiegel“ für Erwachsene vorbereitet. In der aktuellen Ausgabe geht es um Jugendkriminalität, um Handyverbot an der Schule, und Kinderreporter fragen Gregor Gysi, warum er Angela Merkel nicht mag. „Wir haben immer Politik und Wirtschaft im Heft, und wir legen die gleichen Maßstäbe an die Recherche an – auch damit bilden wir den ,Spiegel’ ab“, sagt Kneip. Beim Schreiben für Kinder sind Kinder- und Jugendsprache tabu, höchstens ein paar Nebensätze weniger dürfen es sein als im Mutterblatt. Die Leser sind zufrieden: „Der typische ,Dein Spiegel’-Leserbriefschreiber ist Fan“, sagt Kneip. Das tägliche Lesen der Leserbriefe sei für ihn deshalb „die schönste Viertelstunde des Tages“.

An besonders kunstfertigen Internetauftritten kann die Begeisterung der jungen Leser für die Magazine allerdings nicht liegen – verwunderlich, wo der Zielgruppe doch hohe Netzaffinität nachgesagt wird. So hat „Dein Spiegel“ keinen eignen Netzauftritt, nur die Cover und einige wenige Artikel sind bei Spiegel Online finden. „Geolino“ bietet immerhin einige Artikel im Archiv und auch Online-Wissenstests. „Yuno“ hat eine eigene Seite, auf der Leser vor allem ihre Meinung zum Heft kundtun können. Die Verlage setzen vor allem auf die Macht des bedruckten Papiers.

Ob diese Art des gehobenen Kinderjournalismus tatsächlich genug Fans hat, dass sich langfristig drei Magazine für anspruchsvolle Jungleser im Markt behaupten können, muss sich zeigen. „Dein Spiegel“ hat nach nicht ganz einem Jahr über 10 000 Abonnenten und verkauft 140 000 Exemplare. G+J will in den nächsten Wochen entscheiden, ob das Experiment „Yuno“ fortgesetzt wird.

Julia Kimmerle

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