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Mager-Models: Gehweg statt Catwalk

Die Frauenzeitschrift „Brigitte“ verzichtet künftig auf dürre Profi-Models. An ihre Stelle rücken Abiturientinnen, Vorstandsvorsitzende und Fußballerinnen.

Die Frauenzeitschrift „Brigitte“ zieht radikale Konsequenzen aus dem Trend zu immer dünneren Mannequins. „Wir werden ab 2010 nicht mehr mit Profi-Models arbeiten“, sagte Chefredakteur Andreas Lebert am Montag in Hamburg. Er kritisierte, jeder in der Branche schiebe wegen magersüchtiger Models dem anderen den Schwarzen Peter zu. Die Zeitschrift wolle einen eigenen Beitrag gegen diesen Trend leisten.

Die Leserinnen des Blatts sind aufgerufen, sich künftig für Mode- und Kosmetikfotos zu bewerben. „Es werden Frauen gezeigt, die eine Identität haben, also die 18-jährige Abiturientin, die Vorstandsvorsitzende, die Fußballerin“, erklärte Lebert. Bei den Fotostrecken im Blatt, rund 1500 Seiten pro Jahr, soll es einen Wechsel zwischen prominenten Frauen – Politikerinnen, Schauspielerinnen, Musikerinnen – und vollkommen unbekannten Personen geben. Hinter dem Beruf des Models stecke doch die Idee, die Frauen nicht selbst zu zeigen, sondern einen Platzhalter – „ein Modell gewissermaßen“. Einen Platzhalter aber bräuchten Frauen nicht mehr. Die Redaktion sei immer häufiger auch von Leserinnen darauf hingewiesen worden, dass sie „keine vorstehenden Knochen“ mehr sehen wollten. Models würden 23 Prozent weniger wiegen als normale Frauen.

Dies solle dennoch nicht als eine Kriegserklärung an den Beruf des Models und an die Branche verstanden werden, sagte Lebert. „Wir werden jetzt kein Heft für Übergrößen machen.“ Für die Fotografen werde es aber eine größere Herausforderung, die Amateure vor der Kamera in Szene zu setzen.

„Brigitte“-Chefredakteurin Brigitte Huber meinte, Designer seien nicht mehr die alleinigen Initiatoren von Trends. Der „Street-Style hat sich etabliert. Statt fünf Trends pro Saison gibt es heute eher fünf Trends pro Minute.“ Die Frauen wollten kein Rollenbild vorgesetzt bekommen, sondern selbst am Entwurf beteiligt sein.

Louisa von Minckwitz, Inhaberin der Agentur Louisa Modells, äußerte bereits Zweifel an der „Brigite“-Initiative. „Frauen wollen eine Klamotte an schönen, ästhetischen Menschen sehen“, sagte sie der Agentur AP. Das Konzept sei eine Marketingidee, „Brigitte“ werde wieder mit professionellen Models arbeiten. Ihrer Ansicht nach kam der „Super-Magerwahn“ nicht aus Deutschland, es sei die Chefredakteurin der amerikanischen „Vogue“, Anne Wintour, gewesen, die „size zero“ durchgesetzt habe.

Trotz der sinkenden Erlöse im Segment der Frauenzeitschriften verwies Lebert darauf, dass die Entscheidung für Laien-Models keine Sparmaßnahme sei: „Wir werden vergleichbare Honorare zahlen wie bei den professionellen Models“, bekräftigte der Chefredakteur. Die „Brigitte“ hat schon öfter Mode auch an Frauen gezeigt, die nicht in das Model-Klischee passen, darunter waren auch alte, grauhaarige und faltige Frauen. Die Zeitschrift hat eine Verkaufsauflage von rund 720 000 Exemplaren je Heft und ist damit Marktführer. jbh

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