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Vorsicht, Matt. Großmeister Daniel King annalysiert eine Partie im Internet

© Tsp

Magnus Carlsen statt Thomas Müller?: In Sotschi wird die Schach-WM ausgetragen. Das Fernsehen kriegt nichts mit

Niemand erwartet, dass die ARD in ihrer „Sportschau“ Schach-Weltmeister Magnus Carlsen statt Thomas Müller bringt. Ein bisschen mehr öffentlich-rechtliche Auftragserfüllung könnte es aber schon sein.

Die Schach-WM in Sotschi hat zum ersten Mal einen Sieger: Titelverteidiger Magnus Carlsen hat Viswanathan Anand bezwungen. Dem Herausforderer unterlief in der zweiten Partie am Sonntag ein schwerer Fehler. Einen Tag zuvor hatten sich die beiden in einer spektakulären Partie nach mehr als fünfstündigem Kampf noch remis getrennt. So weit, so gut. Nur: Von dem erstaunlich turbulenten Auftakt dieser WM war in den Sportsendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nichts zu sehen. Hunderttausende von Schachfans in Deutschland müssen sich auf einschlägigen Internet-Portalen oder Live-Tickern diverser Nachrichtenportale informieren, wenn sie auf dem Laufenden über den Kampf um die Krone ihres Sports bleiben wollen.

Nun erwartet niemand, dass die ARD kostbare Minuten ihrer Bundesliga-„Sportschau“ am Samstag oder Sonntag der Randsportart Schach opfert, zudem sich so ein komplizierter Denksport auf 64 Feldern schwerlich inszenieren lässt. Ein bisschen mehr öffentlich-rechtliche Auftragserfüllung könnte es aber schon sein. Früher gab es beim WDR Redakteure wie Claus Spahn, die sich des Themas annahmen. Von 1983 bis 2005 moderierte Spahn die jährliche Livesendung „Schach der Großmeister“, in der unter anderem Garry Kasparow, Anatoli Karpow, Anand und Wladimir Kramnik um einen Fernsehpokal spielten, launig moderiert von Helmut Pfleger, dessen mediale Künste sich heute auf eine Schach-Kolumne im „Zeit“-Magazin beschränken.

Kriege auf dem Schachbrett

Seit Ende des Kalten Krieges hat das Thema Schach-WM zwar nicht mehr diesen Reiz wie bei den Jahrhundert-Duellen zwischen Boris Spasski gegen Bobby Fischer 1972 in Island oder die Kriege auf dem Schachbrett der sehr unterschiedlichen Sowjetbürger Anatoli Karpov gegen Garri Kasparov. Trotzdem macht es wenig Sinn, „Das Duell der Schachgenies“, eine Rekonstruktion dieses spektakulärsten Duells in der Geschichte des Schachsports, ins ARD-Nachtprogramm zu stecken, wie im Juli geschehen.

Immerhin, „die Schach-WM ist definitiv ein Thema für die Sport-Berichterstattung des ZDF“, sagt Sportchef Dieter Gruschwitz. Die „Sportreportage“ habe einen Bericht für die Sendung vom 23.11. vorgesehen. Das „Aktuelle Sportstudio“ habe sich außerdem monatelang vergeblich um einen Studiobesuch von Weltmeister Carlsen bemüht. André Schulz, Chefredakteur der Schachnachrichten-Seite Chessbase.de, freut sich über derlei Enthaltsamkeit des Fernsehens: „Die Zugriffszahlen während der WM steigen auf das Doppelte bis Dreifache der üblichen Zugriffe. Auf dem Online-Server schach.de übertragen wir live und kommentieren in vier Sprachen.“ Norwegisch ist nicht dabei. Norweger haben es in Sachen medialer Schachgrundversorgung sowieso besser. Das norwegische Fernsehen überträgt die Partien von Magnus Carlsen aus Sotschi live.

www.chessbase.de

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