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Weggedrückt. Max Uthoff (links) und Claus von Wagner von der „Anstalt“.

© Jürgen Nobel/ZDF

Mal eben aus der ZDF-Mediathek gekippt: Spart Zeit und Geld?

Der Gerichtsstreit geht um einen Beitrag der Kabarettsendung „Die Anstalt“, aber das ZDF löscht gleich die komplette Sendung. Piratenpolitiker kritisiert rigoroses Vorgehen.

Das ZDF hat nicht lange gefackelt und die komplette Ausgabe der Satiresendung „Die Anstalt“ vom 29. April aus seiner Mediathek entfernt. Dabei dreht sich der Gerichtsstreit gar nicht um die gesamte Sendung, sondern nur um einen Beitrag. Zwei Journalisten der „Zeit“, Mitherausgeber Josef Joffe und Politik-Redakteur Jochen Bittner, gehen gegen jenen Teil der Satireshow vor, in dem die Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner scharfe Kritik an der – aus ihrer Sicht – einseitigen Ukraine-Berichterstattung führender deutscher Medien geäußert hatten. In diesem Zusammenhang wurden einer Reihe einflussreicher Journalisten allzu enge Verbindungen zu transatlantischen Lobby-Organisationen wie dem „German Marshall Fund of the United States“ oder dem Verein „Atlantik-Brücke“ vorgeworfen. Genannt wurden neben Bittner und Joffe unter anderem Stefan Kornelius, Ressortleiter Außenpolitik bei der „Süddeutschen Zeitung“, der „FAZ“-Herausgeber Günther Nonnenmacher und der „FAZ“-Journalist Klaus-Dieter Frankenberger. Bittner und Joffe haben beim Landgericht Hamburg gegen die inkriminierte Passage einstweilige Verfügungen erwirkt. Das ZDF hat Widerspruch erhoben und wird sich auch gegen die Hauptsachklage verteidigen. Der Sender ist verpflichtet worden, die beanstandeten Beiträge bis zu einer endgültigen Entscheidung aus der Mediathek zu entfernen.

Das ZDF ging jedoch weiter als verfügt – nicht nur der Beitrag, die gesamte Sendung wurde entfernt. Patrick Breyer, er ist Abgeordneter und rechtspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, kritisiert das rigorose Vorgehen der Anstalt. „Dass kritische politische Berichte plötzlich spurlos aus dem Internet verschwinden, kennt man eigentlich nur aus autoritären Staaten. Mit Transparenz hat das nichts zu tun.“ Er findet, die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, von Löschungen und den Gründen dafür zu erfahren. „Es mag gute Gründe für die Untersagung durch das Landgericht geben. Dann sollte das ZDF diese aber auch offenlegen.“ Außerdem, so findet der Piraten-Politiker, „sollte sich das ZDF bei einem so wichtigen Thema wie Verbindungen zwischen leitenden Journalisten mit US- und Nato-affinen Organisationen die Mühe einer Nachbearbeitung machen, statt den wichtigen Beitrag vollständig aus dem Netz zu nehmen.“ Das sieht der Sender anders, wie er Breyer mitteilte. Eine Bearbeitung der Sendung in dem von Breyer gewünschten Sinne wäre mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Darüber hinaus wäre im Falle eines Obsiegens des ZDF die bearbeitete Fassung obsolet. Ganz raus kommt offensichtlich günstiger als nur teilweise raus, argumentiert das ZDF-Justitiariat.

Auch künftig beabsichtigt der Sender nicht, gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit einer Sendung zu publizieren. Im Falle der Veröffentlichung von Gerichtsurteilen müssten die Persönlichkeitsrechte aller Prozessbeteiligten durch entsprechende Anonymisierungen geschützt und gegebenenfalls auch Urheberrechte an der gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden. „Im Interesse aller Beteiligten erscheint es sinnvoll, es bei dem üblichen Prozedere zu belassen, wonach Gerichtsentscheidungen bei den zuständigen Gerichten nachgefragt werden können“, schreibt das ZDF dem Piratenpolitiker.

Das Landgericht Hamburg wird sich am 19. September wieder über den Streitfall beugen. Der aus der Mediathek gelöschte, von den beiden „Zeit“-Journalisten beanstandete Beitrag lässt sich bislang über das Internetportal Youtube weiterhin aufrufen. Joachim Huber

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