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Medien: Mannsbilder

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten Weil Kolumnen am besten funktionieren, wenn sie ein Thema haben, wollen wir uns diesmal den Männern widmen. Männer, die im Kulturradio porträtiert werden, haben es alle zu weltlichem Ruhm gebracht.

Tom Peuckert verrät,

was Sie nicht verpassen sollten

Weil Kolumnen am besten funktionieren, wenn sie ein Thema haben, wollen wir uns diesmal den Männern widmen. Männer, die im Kulturradio porträtiert werden, haben es alle zu weltlichem Ruhm gebracht. Trotzdem könnten die drei Männer, um die es hier geht, nicht unterschiedlicher sein. Ein Dichter, ein Philosoph, ein durch Politik ruinierter Intellektueller. Um mit Letzterem zu beginnen: Manfred Böhme, der sich selbst Ibrahim nannte, war eine der schillerndsten Figuren der ostdeutschen Dissidentenszene. Ein Kulturimpressario, der zwischen BohèmeSehnsucht und Staatsgläubigkeit zerrieben wurde. Als Gründer der Ost-SPD stieg Böhme 1989 fast zum letzten DDR-Ministerpräsidenten auf, kurz darauf war er nur noch ein enttarnter Stasi-Spitzel. Böhme starb 1999 einsam und vergessen an Leberzirrhose. Autor Eugen Ruge lässt ihn in seiner letzten Stunde noch einmal zum großen Monolog auflaufen. Im Hörspiel „Böhme stirbt in Neustrelitz“ will dieser Ibrahim-Manfred sein Leben für die Nachwelt beschreiben, aber schon die Frage nach seinem wahren Geburtsort führt ihn in Abgründe zwischen Realität und Traum. Mit subtilem Furor erspielt Böhme-Darsteller Sylvester Groth das seelische Profil eines Verlorenen. Ein manischer Rollenspieler, der immer den schweren Helden geben wollte. Doch die Geschichte hat ihn nur als tragischen Clown auf der Bühne geduldet (Radio Kultur, 6. Dezember, 21 Uhr, UKW 92,4 MHz).

Ein ganz anderer Mann ist der Dichter Peter Handke. Autor eines eigensinnigen Werks, das die lesende Öffentlichkeit noch immer in Bewunderer und zornige Kritiker spaltet. Nun wird Handke 60, und aus diesem Anlass gibt es ein schönes Feature im Deutschlandradio. Helmut Böttiger beschreibt Handkes Weg vom jungen Skandal-Autor des literarischen Pop zum Altmeister einer asketischen Suche nach den Ursprüngen der Poesie. Wie einer via Publikumsbeschimpfung zum Publikumsliebling wurde und später aus allen Umarmungen in eine Außenseiterexistenz floh. „Vom Pop zur Poesie“ ist Böttigers Recherche betitelt (Deutschlandradio, 5. Dezember, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Ungefähr zur gleichen Zeit, als Ibrahim Böhme ins politische Nichts stürzt, beginnt der Aufstieg des Philosophen Niklas Luhmann in den Ruhm. Der reale Sozialismus ist gescheitert, mit ihm scheint auch alles linke Denken unattraktiv. Auf der Suche nach neuen Idolen stößt man in Hörsälen wie Kaffeehäusern auf Luhmanns Systemtheorie. Eine kalte Beobachtungskunst, voll unverbrauchter Paradoxe und Aperçus. Luhmann wäre in diesen Tagen 75 geworden. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ nennt Peter Zudeick seine Erinnerung an die Lehre des Meisters (Radio Kultur, 5. Dezember, 21 Uhr).

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