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Medien: Bertelsmann bleibt bei den Mohns

Mit dem Rückkauf von rund 25 Prozent der eigenen Aktien ist Bertelsmann wieder ein Familienunternehmen.

Gütersloh - «Mein Mann, unsere Kinder und ich...» - Die Worte, mit denen Liz Mohn erst vor wenigen Tagen die Antwort auf eine Frage in einem Medieninterview einleitete, sind bei Bertelsmann mehr denn je Programm. Für unvorstellbare 4,5 Milliarden Euro wird Europas größter Medienkonzern zur Jahresmitte den bisherigen Minderheitsaktionär Groupe Bruxelles Lambert (GBL) aus Belgien abfinden und damit einen drohenden Börsengang abwehren. Die Familie von Firmenpatriarch Reinhard Mohn, bisher schon Herr über 74,9 Prozent der Firmenanteile und 75 Prozent der Stimmrechte, wird dann wieder ganz alleine bestimmen können.

Der Wirtschaftskrimi um den möglichen Börsengang von Europas größtem Medienkonzern ist damit zu Ende. Ob es ein Happy-End gibt, wird erst die Zukunft zeigen. Dem belgischen Milliardär Albert Frère, zusammen mit dem kanadischen Unternehmer Paul Desmarais Eigner von GBL, war der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach. Er hatte zwar «noch ganz andere Vorstellungen», was den Preis betrifft, wie Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen es ausdrückte. Doch auf den unsicheren Ausstieg aus dem Mediengeschäft über die Börse wollte er angesichts der sicheren Milliarden-Offerte aus Gütersloh eben auch nicht setzen.

Für Bertelsmann dürfte die geschluckte Kröte schwerer verdaulich sein. «Warum sollen wir das Unternehmen schwächen», hatte Konzernchef Thielen noch im Oktober 2004 gefragt und im Falle GBL einem Börsengang klaren Vorrang vor der Rückkaufoption eingeräumt. Der Konzern wäre auf Jahre gelähmt, müsste er den Rückkauf finanzieren, hieß es damals. Nun hat sich das Blatt dramatisch gewendet. Der Musikverlag BMG Music Publishing soll im Sommer bei einer Versteigerung meistbietend an einen Interessenten gebracht werden, der Rest wird aus laufenden Mitteln genommen.

Zwar reißt Bertelsmann damit die selbst aufgestellte Hürde einer Maximalverschuldung vom 2,3-fachen des operativen Gewinnes (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Aber schon Ende 2007 soll alles wieder im Lot sein, sagt Finanzvorstand Thomas Rabe. Nicht einmal eine Trennung vom Musik-Partner Sony stehe zur Debatte. 800 Millionen Euro stünden sogar noch für Investitionen zur Verfügung, von denen keine einzige verschoben werden müsse. Und ob es zu weiteren Verkäufen kommt, sei noch «nicht spruchreif geplant», ergänzt Thielen. Der Konzern sei jedenfalls nicht geschwächt, sondern laufe besser als je zuvor. «Die strategische Handlungsfähigkeit des Unternehmens bleibt uneingeschränkt erhalten», betonte er.

Ein Grund für den Sinneswandel Thielens und - nach langen Diskussionen - auch seiner Vorstandskollegen mag das außerordentlich gut laufende Geschäft in allen sechs Sparten sein. Im vergangenen Jahr hatten er und seine Vorstandskollegen mit Investitionen von 2,5 Milliarden Euro dafür den Boden bereitet. Die Ernte soll dieses Jahr mit deutlichen Steigerungen bei Umsatz und Gewinn eingefahren werden. Dies setzt Mittel frei, mit denen das Unternehmen einen Teil der Milliardenschulden schnell abzahlen kann.

Ein zweiter Grund, die Abwehr des Börsenganges selbst mit der hohen Summe von 4,5 Milliarden Euro zu erkaufen, ist sicher beim künftigen Alleingesellschafter zu suchen. «Gewinne sind für uns wichtig. Aber sie sind nicht das einzige Unternehmensziel», hatte Familiensprecherin Liz Mohn (64) vor ein paar Tagen noch gesagt und damit auf die von ihrem Mann Reinhard (84) ersonnene Unternehmenskultur angespielt: partnerschaftliches Miteinander, Identifikation mit dem Unternehmen bis in die unteren Ebenen und nicht zuletzt gesamtgesellschaftliche Verantwortung. «Für Bertelsmann ist das elementar», sagt Liz Mohn. «Das hat uns groß gemacht und in die Weltliga geführt», sagt Thielen. (Von Michael Donhauser, dpa)

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