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Medien: Ein Künstler, vier Begabungen

Armin Mueller-Stahl: Maler und Musiker, Schriftsteller und Schauspieler.

Die blauen Augen, sie strahlen noch immer. Schon bei seiner ersten Rolle für Rainer Werner Fassbinder waren die Sekretärinnen aus dem Schwärmen gar nicht mehr herausgekommen, erzählt Barbara Sukowa amüsiert. Unglaublich blaue Augen habe der neue Hauptdarsteller, dieser so unbekannte Schauspieler aus der DDR, und ein so unverbraucht ehrliches Gesicht. Nun sitzen die blauen Augen in Los Angeles, auf der Terrasse hoch über dem Meer, und leuchten noch immer, im braun gebrannten Gesicht. Ehrlich wirkt es noch immer. Und unverbraucht.

Blaue Augen, wie das Meer. Er habe immer am Meer wohnen wollen, erzählt Armin Mueller-Stahl begeistert. "Das Meer, das ist wie ein Telefon im Zimmer: Man ist mit der ganzen Welt verbunden." Das sagt ein Weltmann von 77 Jahren, unser Mann in Hollywood, der Erfolgsschauspieler, der noch immer mit charmant hartem deutschen Akzent spricht und längst über amerikanische Sozialversicherungsnummer, Führerschein und Greencard verfügt: Das "System Amerika" habe eine spezielle Automatik, man schlage hier unweigerlich Wurzeln. Seit einigen Jahren hat er wieder einen zweiten Wohnsitz an der Ostsee.

Die 45-Minuten-Dokumentation über Armin Mueller-Stahl ist der Auftakt einer sechsteiligen Serie "Deutschland, deine Künstler", die verschiedene Landesrundfunkanstalten der ARD gestemmt haben. Herbert Grönemeyer und Reinhard Mey, Thomas Quasthoff, Cornelia Funke und Jonathan Meese - ein bunter, nicht unbedingt hochkultureller Reigen, und mittendrin Armin Mueller-Stahl, der von allem ein bisschen ist: Maler und Musiker, Schriftsteller und Schauspieler. "Als der kleine Armin in Ostpreußen geboren wurde und die Engel mit den Begabungen über den Himmel geflogen sind, hat er gleich vier Mal ,hier' geschrien", erzählt Regisseur Heinrich Breloer, der mit Mueller-Stahl gerade die Verfilmung der "Buddenbrocks" in den Kasten gebracht hat. "Er kann einfach alles."

Davon zumindest gibt der von Inga Wolfram konzipierte Film einen Eindruck. Man sieht Mueller-Stahl beim Singen - die deutsche Version von "I did it my way", mit den auf seine DDR-Zeit gemünzten Zeilen "Ich hab auf Sand gebaut und nicht durchschaut/was zu durchschauen war" - beim Malen, und im Theater, aus seiner Autobiografie lesend: "Ich bin schon Gaukler über 50 Jahr". Die Zahl wächst mit dem Alter. Ansonsten sieht man Filme, brav hintereinandergeschnitten, kurz wird die Handlung nacherzählt, dazwischen Ausschnitte aus dem einen Interview, das AMS offenbar gewährte: "Lola" von Rainer Werner Fassbinder, der westdeutsche Triumph. "Music Box" von Costa-Gavras, der Durchbruch in Amerika. "Night on Earth" von Jim Jarmusch, der Komödienerfolg als radebrechender Taxifahrer. Und natürlich die Thomas-Mann-Filme. Breloers Dokumentation "Die Manns" von 2001, in der Mueller-Stahl den Dichterfürsten so scheu, so distanziert und zurückgenommen spielt, wie er wohl wirklich war. Und die "Buddenbrocks", der Film kommt Weihnachten 2008 ins Fernsehen.

Thomas Mann, auch er ein Deutscher in Amerika, die Villa Aurora, wo er verkehrte, steht nur wenige Blocks von Armin Mueller-Stahls Haus in Pacific Palisades entfernt. Einen "Meister der Großaufnahme" hat Iris Berben, seine Film-Ehefrau bei den "Buddenbrocks", den Kollegen einmal genannt: ein Gesicht, wie gemacht für die große Leinwand. Doch Armin Mueller-Stahl träumt derweil lieber davon, einmal eine Riesenleinwand füllen zu können - mit Ölfarbe.

"Deutschland, deine Künstler: Armin Mueller-Stahl", ARD, 23 Uhr 30. Weitere Folgen am 9., 10., 16. und 17. Juli

Christina Tilmann

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