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Medien-Kritik: Ja oder Nein?

Die Angst des Fragers vor der Antwort: Wie sich ZDF-Mann Theo Koll des Beichtstuhlverfahrens bedient.

Livefernsehen ist Hektik, klar. Niemals kann man wissen, ob sich alles zusammenfügt, ob die Zeit reicht. Theo Koll, zum Beispiel, hat zehn Minuten. In Nordrhein-Westfalen gibt es Neuwahlen. Da muss ein „ZDF spezial“ her. Zehn Minuten, eingeklemmt zwischen „heute“ und „Küstenwache“. Vorbereitete Beiträge werden eingespielt. Aber das Zweite will zeigen, was es für Nordrhein-Westfalen, besser bekannt als das „bevölkerungsreichste Land der Republik“, leisten kann. Koll hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihren CDU-Herausforderer Norbert Röttgen in der Schalte. Beide Interviews illustrieren eine grassierende Unart im journalistischen Livefernsehen – die Angst des Fragers vor der Antwort. Der Interviewpartner soll im Beichtstuhlverfahren alles in aller Kürze bekennen. „Kurze Antworten“ sind erbeten. Fallen sie einen Halbsatz zu lange aus, zieht einer wie Koll die Daumenschrauben an. Ein „klares Wort“ will er hören, in die eigenen Fragen baut er die inquisitorische Antwortformel „Ja“ oder „Nein“ ein. Der ZDF-Politikchef geht steil, knallhart wird nachgefragt. Er möchte nur wissen, was Kraft und Röttgen nach der Wahl so anstellen werden, je nach Gesprächspartner antizipiert er das eine oder das andere Ergebnis. Koll will die neue NRW-Regierung aufstellen. Das schafft er nicht, sonst schafft er alles. Das „ZDF spezial“ liegt vor dem ARD-„Brennpunkt“, die „Küstenwache“ braust ungeschnitten durchs ZDF-Gewässer.

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