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Die Privatsenderfamilie ProSiebenSat1

© dpa

Fusionspläne von Springer und ProSieben: Alte Liebe rostet nicht

Springer und ProSiebenSat 1 erwägen eine Fusion – die Erfolgsaussichten sind heute besser als 2006.

Es war wohl eine der größten Niederlagen in der Karriere von Mathias Döpfner, als die Kartellbehörden 2006 eine Übernahme der Mediengruppe ProSiebenSat 1 durch den Springer-Konzern („Bild“, „Welt“) untersagten. Eine Niederlage, die der Springer-Vorstandschef nun womöglich doch noch in einen Sieg umwandeln könnte: Brancheninsidern zufolge erwägt Springer erneut eine Fusion mit ProSiebenSat 1. Bei erfolgreichem Abschluss würde der zweitgrößte Medienkonzern Deutschlands nach Bertelsmann entstehen, mit einem Umsatz von insgesamt rund sechs Milliarden Euro.

Bereits 2013 ist Springer mit dem Kauf der Nachrichtensenders N24 der langersehnte Einstieg ins Fernsehgeschäft gelungen. Seither liefert N24 Bewegtinhalte für die „Welt“-Gruppe und wird deshalb in „Welt“ umbenannt. Der Zuschaueranteil des Senders liegt bei einem Prozent. Döpfner aber will den „führenden digitalen Medienkonzern“ aufbauen – und dafür bedarf es im TV-Markt deutlich mehr an Gewicht, um alle Kanäle mit attraktiven Inhalten bespielen zu können.

Schon heute erwirtschaftet Springer mehr als die Hälfte seines Umsatzes von drei Milliarden Euro im Netz, unter anderem mit Immobilien- und Jobportalen. Auch ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling treibt die Digitalisierung seines Konzerns voran, neben klassischem Fernsehen zählen Internetportale zum Angebot der in München ansässigen Sendergruppe, die 2014 einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro verzeichnete.

Kartellrechtlich stehen die Zeichen für eine solche Fusion heute deutlich besser als noch 2006. 2013 hat Springer einen Großteil seiner Zeitungen wie die „Berliner Morgenpost“ und das „Hamburger „Abendblatt“ sowie Frauen- und Programmzeitschriften an die Essener Funke Mediengruppe verkauft und dadurch zumindest ein Teil seiner Marktmacht im publizistischen Bereich verringert, wobei mit „Bild“ und „Welt“ zwei gewichtige Einheiten im Portfolio verblieben sind.

Entscheidender aber ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2014, wonach das Verbot einer Fusion von Springer und ProSiebenSat1 2006 durch die zuständige Kontrollbehörde KEK rechtswidrig gewesen ist. Springer war bis zur letzten Instanz gegangen, um diese Rechtsklarheit zu gewinnen. Doch auch das Bundeskartellamt müsste einen solchen Zusammenschluss genehmigen, noch liege aber keine Anmeldung vor, heißt es von der Behörde.

Tatsächlich sollen sich die Gespräche zwischen Springer und ProSiebenSat1 noch in einem frühen Stadium befinden. Ein Sprecher der Sendergruppe will sich dazu ebenso wenig äußern wie eine Springer-Sprecherin. Deutlich dementiert sie jedoch Spekulationen, dass Friede Springer die Kontrolle über das in Berlin ansässige Unternehmen abgeben könnte.

Noch liegt dem Bundeskartellamt keine Anmeldung vor

Das „Wall Street Journal“ hatte berichtet, dass Springer im Falle einer Fusion nur Juniorpartner von ProSiebenSat1 werden könnte, anders als noch 2005, als Springer den TV-Konzern schlucken wollte. Eine solche untergeordnete Rolle dürfte aber nicht im Sinne der Witwe von Unternehmensgründer Axel Springer sein, die 57 Prozent der Konzernanteile hält und eine Fusion blockieren könnte.

Denkbar ist deshalb nur ein Zusammenschluss unter Gleichen oder eine andere Konstruktion. Denn auch ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling dürfte sich bei einem solchen Deal mit Springer nicht freiwillig in die zweite Reihe stellen, zumal er seit dem Ausstieg der Investoren KKR und Permira 2014 eine wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung vorweisen kann. Die Aktien des Medienkonzerns befinden sich zu 97,7 Prozent in Streubesitz, er wird laut „Wall Street Journal“ mit 9,7 Milliarden Euro bewertet, Springer mit 4,7 Milliarden. An der Börse wurde die Nachricht einer möglichen Fusion positiv bewertet, am Dienstagmorgen legte die Springer-Aktie im MDax um über acht Prozent zu, ProSiebenSat1 um fast sieben Prozent. Sonja Álvarez

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