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Medien: Medienrepublik (129)

Matthias Kalle freut sich über Journalisten, die Deutschland lebenswert machen Vielleicht sollte man mal, auch wenn es die Kollegen einem dann um die Ohren hauen, an dieser Stelle journalistische Spitzenleistungen würdigen, einfach mal aufschreiben, was einen begeistert, entzückt, verzaubert, und vielleicht sollte man mal loben, und zwar distanzlos, unkritisch, anbiedernd. Aber dann bekäme man es von allen Seiten, und es würde heißen, man wolle sich anschleimen, oder aber es verstünde keiner, weil wieder einmal alle glaubten, es sei die Ironie, die in einem wütet.

Matthias Kalle freut sich über Journalisten, die Deutschland lebenswert machen

Vielleicht sollte man mal, auch wenn es die Kollegen einem dann um die Ohren hauen, an dieser Stelle journalistische Spitzenleistungen würdigen, einfach mal aufschreiben, was einen begeistert, entzückt, verzaubert, und vielleicht sollte man mal loben, und zwar distanzlos, unkritisch, anbiedernd. Aber dann bekäme man es von allen Seiten, und es würde heißen, man wolle sich anschleimen, oder aber es verstünde keiner, weil wieder einmal alle glaubten, es sei die Ironie, die in einem wütet. Aber wenn die Ironie in einem wütet, dann kommt dabei oftmals Gedankendreck heraus, und das finden dann manche wieder brillant, dabei ist es mindestens widerlich.

Ziemlich widerlich wütete es in den letzten Wochen in einigen Kollegen, und man kann nur vermuten, woher all die Arroganz und Häme und Überheblichkeit stammen. Ist es die Angst um den Arbeitsplatz? Eine Frühlingsdepression? Allmachtsfantasien? Alles zusammen? Jedenfalls konnte man beobachten, wie sich Kollegen dabei abmühten, kritisch – wenn nicht gar anklagend – über das Fernsehen und die Verlotterung der Sitten zu schreiben. Über die neue RTL-Sendung „Fear Factor", über „The Simple Life" auf Pro 7 oder über Karl Moik, der aus dem Musikantenstadl einen Musikantenstammtisch machte. Aber mal ganz allgemein jetzt: Das Schöne am System des deutschen Fernsehens ist, dass niemand einen zwingt zu gucken. Es kommt einen keiner holen, wenn man stattdessen mal ein Buch liest. Man wird auch nicht des Landes verwiesen, wenn man keine Meinung hat zu „Big Brother“ oder zu der US-Serie „The Simple Life“. Und wenn man eine hat, dann muss man das doch auch noch lange nicht aufschreiben. Man muss nicht aufschreiben, dass die Millionärstochter Paris Hilton, die in der Dokusoap „The Simple Life“ auf einem Bauernhof aushelfen muss, „weniger Oberweite“ habe als „ein russischer Windhund“. Man muss nicht aufschreiben, dass sich die Big-Brother-Bewohner „gegenseitig auf den Schlafsack gehen“. Zum Glück muss man das aber auch nicht lesen. Aber vielleicht muss man tatsächlich mal lesen, dass auch genügend Dinge in der Medienrepublik passieren, die gut und richtig und wichtig sind. Dass Sandra Maischberger in ihrer Sendung vom letzten Dienstag den Zuschauer keine Minute gelangweilt hat, was natürlich an den Gästen, aber eben auch an ihr lag. Dass die Macher von Pro 7 jetzt jeweils eine Doppelfolge „Sex and the City“ ausstrahlen. Dass die ARD die großartige Reportage „Amok in der Schule“ gezeigt hat. Dass man neue Magazine wagt, allen negativen Prognosen zum Trotz. Und dass der größte Teil der Kolleginnen und Kollegen schlicht und einfach daran arbeitet, aus der Medienrepublik jeden Tag einen lebenswerten Ort zu machen.

So. Fertig. Zu viel Lobhudelei? Zu viel Schmalz? Zu viel Schleim? Vielleicht. Aber wahr.

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