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Medienwahlkampf: Kein Muslim – kein Bush

Basketballszenen sind gut, Kopftuchbilder und Anti-Kriegs-Poster eher hinderlich: Wie Medienberater die Auftritte und Aufnahmen von Barack Obama und John McCain choreografieren.

Bei einem Wahlkampfauftritt Barack Obamas Mitte Juni in Detroit wollten sich zwei junge Frauen zu ihren Freunden hinter das Rednerpult setzen. Obamas Wahlhelfer ließen sie nicht dorthin. Die beiden Frauen trugen Kopftücher.

Dass die Medienberater aller US-Politiker sorgfältig darauf achten, wer hinter dem Rednerpult sitzt, ist ein offenes Geheimnis. John McCains oder George W. Bushs Helfer choreografieren deren Auftritte ebenso minutiös. Es muss der richtige Mix aus Jung und Alt, weiblich und männlich sein, um die Botschaft zu unterstützen – und in Amerika wird auch darauf geachtet, dass Rassen und Hautfarben wie gewünscht vertreten sind. Die Menschen hinter dem Redner bilden den Hintergrund in den Fernsehbildern.

Zu Obamas Imageproblemen gehört, dass ein Teil der Wähler ihn für einen Muslim hält – die Familie seines kenianischen Vaters ist tatsächlich islamischen Glaubens, der US-Senator ist dagegen Christ. Seine Gegner versenden anonyme E-Mails, die ihn als Islamisten denunzieren, oder auch Bilder, die Obama bei einem Besuch in Afrika in muslimischer Stammestracht zeigen. Das sind selbst sieben Jahre nach 9/11, nach dem islamistischen Terrorangriff auf New York, potenziell gefährliche Assoziationen. So ist es verständlich, dass der Kandidat Bilder vermeidet, die ihn im Wahlkampf mit Kopftuchträgerinnen zeigen.

Doch die Kontroverse um den verweigerten Zutritt für die beiden jungen Frauen war nicht minder unangenehm. „Es gehört nicht zu unserer Politik, Muslime aus den Bildern herauszuhalten“, musste Obamas Sprecher Bill Burton immer wieder versichern. Obama rief persönlich bei den beiden Frauen an, um sich zu entschuldigen. Die Gegend um Detroit hat den höchsten Muslimanteil in den USA – und Michigan gehört zu den umkämpften Swing States, in denen sich die Präsidentenwahl entscheiden kann.

Bilder sind im Fernsehzeitalter oft mächtigere Waffen als Worte. Deutsche Fernsehanstalten lernten bei Obamas Berlin-Besuch, wie sehr dessen Kampagne an der Kontrolle der Bilder liegt. Sie bestimmt, wo welche Kameras stehen und welche Perspektiven verboten sind. Die Medienberater im US-Wahlkampf müssen bei der Inszenierung immer doppelt denken. Erstens: Welche Bilder nützen meinem Kandidaten. Zweitens: Welche Bilder könnten vom Gegner für Negativwerbung missbraucht werden?

Obama lässt sich gerne beim Basketballspiel filmen, zum Beispiel gemeinsam mit US-Soldaten während seines Truppenbesuchs in Kuwait. Wenn er Seite an Seite mit den Kriegshelden einen Fernwurf im Korb versenkt, zeigt ihn das als sportlich-dynamischen Politiker und zugleich im Einklang mit dem Militär. Beides zählt doppelt gegen den greisen McCain, der von seinem Heldenmythos als Marineflieger und Kriegsgefangener in Vietnam zehrt. McCain setzt Obamas lockere Basketballszenen jetzt ganz anders ein: In einem Werbevideo wirft er dem Demokraten zu diesen Bildern vor, er habe sich geweigert, verwundete US- Soldaten im Militärkrankenhaus Landstuhl in Deutschland zu besuchen. Es sei Obama wichtiger, Spaß zu haben.

Problematisch wäre es für Obama auch gewesen, in Berlin mit Postern gefilmt zu werden, die gegen den Irakkrieg oder gegen Präsident Bush protestieren. Seine Helfer verhinderten solche Absichten rund um die Siegessäule. Nicht einmal Schilder mit Werbeslogans pro Obama wollten sie zulassen. Der Auftritt war als Rede an Amerikas Partner in der Welt geplant, nicht als Wahlkampftermin.

Obamas Team bedient sich umgekehrt gerne aus Archivmaterial, das McCain zusammen mit Bush zeigt. Das dient dem Vorwurf, ein Präsident McCain bedeute nichts anderes als eine dritte Amtszeit von Bush. Tatsächlich vermeidet es McCain seit Monaten, sich vor laufenden Kameras an Bushs Seite zu zeigen. In Werbevideos zeigt Obamas Kampagne McCain auch gerne mit Wirtschaftsbossen und Lobbyisten, um ihn als Vertreter vom „Big business“ zu brandmarken.

McCain lässt sich am liebsten bei „Townhall Meetings“ filmen, wie er im kleinen Kreis mit Bürgern spricht. Schädlich sind Szenen, die ihn alt oder zornig darstellen. Obama muss Bilder vermeiden, die ihn als Held der Minderheiten in den USA oder der Amerikagegner in der Welt zeigen. Vorteilhaft ist ein präsidiales Auftreten, umjubelt von Massen.

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