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© dpa

Merkel und die Verleger: Gute Information gibt es nicht gratis

Beim VDZ-Kongress spricht sich die Kanzlerin für stärkere Stellung der Verlage im Online-Bereich aus

Die Zeiten sind so revolutionär, wie seit fast 560 Jahren nicht mehr, ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überzeugt – zumindest, was die Printbranche angehe. Damals habe die Erfindung des Buchdrucks die Informationsverbreitung und -aufnahme verändert, heute sei es die Digitalisierung mit Internet, Twitter & Co, sagte Merkel am Dienstag beim Kongress des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Berlin.

Um weiterhin die für eine Demokratie unverzichtbare qualitativ hochwertige und unabhängige Presse zu unterstützen, wolle die Bundesregierung entsprechende politische Rahmenbedingungen schaffen. So kündigte Merkel an, das Pressekartell- und Medienkonzentrationsrecht zu überprüfen. Zuvor müsse sich jedoch die Branche selbst auf eine einheitliche Linie einigen.

Ebenfalls sprach sich die Kanzlern dafür aus, die Rechte von Journalisten zu stärken. Informationen und Quellen müssten geschützt bleiben. Ob das Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht auch uneingeschränkt für Journalisten gelten solle, sei jedoch eine Frage, der die Regierung noch weiter nachgehen wolle. Merkel nahm auch Bezug auf die „Gratismentalität“ vieler Internetnutzer, diese stehe „dem wirtschaftlichen Erfolg von Presseverlagen“ entgegen. Wenn das Leistungsschutzrecht gesetzlich geregelt werde, wolle die Bundesregierung deshalb neben den Belangen von Autoren und Endnutzern auch die ökonomischen Interessen der Medienbranche berücksichtigen.

Zwar sicherte Merkel den Verlegern zu, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Printprodukte nicht zu erhöhen, ob die Ermäßigung aber nun auch auf Online-Dienste ausgedehnt werde, stehe noch nicht fest.

Beruhigt haben dürfte VDZ-Präsident und Verleger Hubert Burda („Focus“, „Bunte“), dass sich Merkel mit Blick auf EU-Pläne gegen weitere Einschränkungen der Werbefreiheit aussprach. „Sie sind ein massiver Angriff auf die Medien“, sagte Merkel. Allerdings müsse der Schutz von Verbrauchern ausreichend gegeben sein.

Bei der anschließenden Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen der Medien monierte Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der „Stern“-Chefredaktion, dass die Branche ihre Modernisierung verschlafen hätte. Erst durch die Krise, in der die Werbeerlöse der Printbranche stark eingebrochen sind, sei sie zum Nachdenken gezwungen worden. Eberhard von Koerber, Co-Präsident des Clubs of Rome, forderte die Verleger auf, sich jetzt nicht allein auf Kostensenkungen zu beschränken. Vielmehr müsse in starke Marken, Inhalte und junge Talente investiert werden, um die Zeitungen und Zeitschriften fit für die Zukunft zu machen. Auch „Spiegel“-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron sprach sich dafür aus, weniger über die Strukturen und mehr über guten Journalismus zu reden. Mit dem Internet gebe es eine neue Plattform, guten Journalismus zu verbreiten, sagte Blumencron. Jörges findet das Internet zu oberflächlich. Zeitungen und Zeitschriften würden Lesern einen besseren Hintergrund verschaffen können, sagte er – und erntete dafür Widerspruch von Zeit-Online-Chefredakteur Wolfgang Blau. „Es ist ein Irrtum, dass Printmedien immer noch die Agenda setzen.“ Zwar glaubt Blau fest an die Zukunft von Print, der Ort gesellschaftlicher Diskussionen sei inzwischen jedoch das Internet. Die Autorität der Online-Angebote entstehe durch die Qualität der Autoren und die Transparenz. Wichtig sei jedoch, die Menschen auf Augenhöhe anzusprechen.

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