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Fahr’ doch mal den Wagen vor. Damit ist es nun auch bei Michael Ande vorbei. Nach 403 Auftritten im „Alten“ verlässt Gerd Heymann das TV-Kommissariat.

© dpa

Michael Ande verlässt den "Alten": Hauptrolle Assistent

„Der Alte“: Nach 40 Jahren und 403 Folgen nimmt Michael Ande Abschied vom ZDF-Krimi.

„Eigentlich brauch’ ich keinen Assistenten.“ So wurde Michael Ande 1976 an seinem ersten Drehtag am Münchner Set der ZDF-Krimi-Serie „Der Alte“ begrüßt. Die Begrüßung stammt von Siegfried Lowitz, dem ersten, und für nicht wenige Fans bis heute einzigen „Alten“, dem Kommissar Erwin Köster. Dass Michael Ande, damals 32, es trotz dieser Lowitz’schen Worte zum nunmehr dienstältesten TV-Ermittler gebracht hat, das verdient Anerkennung. Der Assistent Gerd Heymann ist länger in bundesrepublikanischen Wohnzimmern zu Gast gewesen als Horst Tapperts „Derrick“ oder Claus Theo Gärtners „Matula“. Michael Ande steht als ungekrönter Rekord-Ermittler allein auf weiter Flur.

In Andes Figur spiegeln sich 40 Jahre Bundesrepublik

An Andes Figur des Heymann spiegeln sich en passant all die vielen Veränderungen, die die Bundesrepublik der vergangenen 40 Jahre vollzogen hat. Während vier vorgesetzte Kommissare kamen und gingen, war der ewige Assistent Heymann immer schon da. Der durch das München der 1970er, der 80er, der 90er und schließlich der 2000er und 2010er ging, der hier Mörder jagte und fing, der in seiner ruhigen, besonnenen Art immer auch so etwas wie den guten Geist dieser klassischen Freitagabend-Serie repräsentierte. Anfangs stehen in Kommissar Kösters Büro noch Telefone mit Wählscheiben, Computer gab es noch lange keine – heute bedient sich Kommissar Voss eines Smartphones, Computer und Internet erscheinen wie selbstverständlich.

Mit „Paradiesvogel“, Folge 403, also heißt es nun, Abschied zu nehmen von diesem Gerd Heymann alias Michael Ande. Die 40 Jahre „Der Alte“, die es im April 2017 dann sein würden, die wollte Ande in der Serie nicht mehr schaffen. Das Serien-Jubiläum wird ohne ihn begangen werden.Eine eher unterdurchschnittliche Folge. Der junge Modeschöpfer Tristan P. wird ermordet. Nackt, gefesselt und stranguliert liegt er in der hippen Mode-Location, Fabrikräumen, in denen er zuvor seine neue Kollektion vorführen ließ. Liebhaber und Liebhaberinnen pflastern seinen Weg, ein französischer Couturier ist ebenso involviert wie dessen afrikanischstämmige Kumpanin. Als durchaus ernstes Sub-Thema spielt die Magersucht der jungen Models, die sich bis auf 45 Kilo runterhungern, eine Rolle. Schließlich ist auch dieser Fall gelöst. Doch noch. Es wirkt dabei alles wie schon seit geraumer Zeit beim „Alten“, trotz diverser Modernisierungen und Umbesetzungen, etwas ungelenk und hölzern. Jedoch: „Derrick“ und „Ein Fall für zwei“ hätten ganz sicher auch keine vier Umbesetzungen bei gleich bleibendem Formattitel ausgehalten.

Der "Gerd" geht lautlos, unauffällig, bescheiden

Dann geht Gerd Heymann im „Paradiesvogel“. Michael Ande gestaltet diesen Abgang so, wie er selbst 39 Jahre lang „den Gerd“ gestaltet hat: lautlos, unauffällig, bescheiden, uneitel. Der Gerd Heymann, das war immer einer, der nebenher mitlief, der immer da war, der zur festen Konstante wurde. Unter Kommissar Erwin Köster ebenso wie mit dessen ungleich harmloseren drei Nachfolgern Leo Kress (dargestellt von Rolf Schimpf, 1986–2007), Rolf Herzog (gespielt von Walter Kreye, 2008–2012) und schließlich Richard Voss (Jan-Gregor Kremp, seit September 2012).

An seinem letzten Tag nimmt der Gerd einfach irgendwann seinen Mantel, hat zuvor seinen Schreibtisch aufgeräumt und geht zur Bürotür. Selbst die Abschiedsreden und den Abschieds-Prosecco, den Richard Voss und sein versammeltes neues Team ihm reichen wollen, lehnt er ab. Keine Feier, kein Zinnober. Er geht einfach zur Tür raus. Richard Voss macht dann das Fenster auf und ruft ihm ein „Servus, Gerd!“ hinterher.

Sie sehen dem Kollegen von oben nach, dem Gerd Heymann, der unten allein im Hof an der Ettstraße steht. Der dreht sich ein letztes Mal um, hält das Abschiedsgeschenk hoch, eine silberne Charivari-Kette, klopft sich mit der rechten flachen Hand dorthin, wo das Herz sitzt. Dabei lächelt er sein Gerd-Heymann-Lächeln, das immer auch ein Michael Ande-Lächeln ist – weich, sanft, verständig. Mit einer seltenen Milde.Immer etwas mehr ahnend, als er, der nie viel sagte, zeigt. Dieses Bild friert die Kamera schließlich ein. Da kommt so etwas wie Wehmut auf. „Servus, Gerd!“

„Der Alte – Paradiesvogel“, ZDF, Freitag 20 Uhr 15

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