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Mobiles Internet: Die drahtlose Verschwörung

Mercedes Bunz war Chefin der Tagesspiegel-Online-Redaktion. Dann zog es sie nach London. Nun ist sie wieder da - virtuell. Einmal im Monat schreibt sie eine Kolumne, über Phänomene aus der digitalisierten Welt. Heute deckt sie eine Verschwörung auf.

Seitdem Flugzeuge für uns so etwas wie die neuen Züge geworden sind, reisen wir alle viel mehr, beruflich und privat. Aus den Augen, aus dem Sinn ist dabei aber nicht, es gibt ja das Internet. Für den heutigen Handlungsreisenden ist es fast noch wichtiger als die korrekt sitzende Bügelfalte, und auch der Tourist findet nicht nur den kurzen Check nach Hause zu den Lieben beruhigend, sondern informiert sich, bevor er aus dem Hotel in die fremde Stadt aufbricht, noch einmal auf der praktischen Online-Stadtkarte über Restaurantempfehlungen in der Umgebung.

Hotels haben das allerdings nicht begriffen. Von einer weltweiten Verschwörung erfasst, boykottieren sie das Internet. Duschgel in praktischen Fläschchen zum Einstecken bekommt man auf der ganzen Hotel-Erde in Massen, doch mit der Plastik-Schlüsselkarte zusammen wird einem immer noch nicht das Passwort für den drahtlosen Netzzugang gereicht. Jedes einzelne Mal wird Einchecken deshalb von der bangen Frage nach der Internetsituation begleitet.

Gibt es Internet in Hotels, dann tut sich einem eine absurde Drei-Klassen-Gesellschaft auf, als hätte niemand anders als Marx selbst sie vom Kopf auf die Füße gestellt. Wohnt man in einem billigen Hotel, ist zwar das Duschgel samt Flasche an der Wand befestigt, aber das Internet ist umsonst, es ist schnell und es ist überall. In einem Mittelklasse-Hotel ist das schon anders: Die Nutzung des Internets auf dem Zimmer kostet und stottert, während man neben dem Bio-Obstkorb in der Lobby umsonst surfen kann. In Fünf-Sterne-Etablissements schließlich herrscht digitales Elend. Zwar kann der Gast auf Wunsch umsonst in der Spa-Landschaftsetage gleich ein ganzes Bad aus Duschgel nehmen, aber für das Internet, da muss er zahlen. Und zwar täglich. Um die 15 Euro kostet einen der Spaß, in ganz noblen Etablissements zahlt man sogar, so berichtete gerade CNN, den Internetzugang für jedes einzelne Gerät.

Es gibt natürlich Tricks, wie man sich Internet verschaffen kann. Hipster auf Reisen haben bereits das „Mifi“. Das ist ein kleines, weißes, schickes Gerät, mit dem man praktischerweise überall, wo es Mobiltelefon gibt, sein eigenes drahtloses Internet für bis zu fünf Geräte dabei hat. Technik-Versierte greifen zu ihrem Smartphone und fummeln sich durch dessen Einstellung zu dem Kästchen „Dieses Telefon als Hotspot benutzen“ oder gehen – ratsam im Ausland – zum nächsten Supermarkt, um sich einen sogenannten Aldi-Surfstick für circa 12,99 Euro zu kaufen. Und der ganz praktisch veranlagte Mensch schnappt sich einfach seinen Laptop und sucht das nächste Wifi mit Starbucks-Anschluss, so bekommt er auch gleich einen Eindruck von der Umgebung.

Ein Berater der Forschungsgruppe Forrester hat für den Nachrichtensender CNN letzte Woche erforscht, wieso Hotels ihre Gäste nach wie vor mit solch einem digitalen Elend konfrontieren. Seine Antwort war einfach und klar: Die Hotels machen das mit den Leuten, weil diese die Situation akzeptieren. Der digitale Aufruf für diese Woche lautet also: Bitte beschweren!

Die Autorin war Online-Chefin des Tagesspiegels und Autorin des Guardian. Sie lebt in London, schreibt an einem Buch über Digitalisierung und Gesellschaft und bloggt unter www.mercedes-bunz.de.

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