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Mundart: "Waat, bes dä Papp kütt"

Kölsche Mundart im ARD-Drama "Der Teufelsbraten"

„Düvelsbrode“ – Teufelsbraten, schimpft die Mutter, wenn die kleine „Heldejaad“ (Hildegard, gespielt von Nina Siebertz) mal wieder träumend in der Ecke sitzt, sich selbst und ihrer Tasche Geschichten erzählt, statt anzupacken im Haushalt.

Die Eltern bevorzugen Disziplin und Härte. Wenn Hildegard beim Abtrocknen eine Tasse zerbricht, droht die Mutter wie so oft: „Waat, bes dä Papp noh Huus kütt!“ Die Scherben liegen anklagend auf dem Tisch, als der Vater dann abends durch die Tür tritt. Nur der liebe Gott, der alle Sünden aufschreibt, ist noch mächtiger als er. Und als „Düvelsbrode“ ist man ein Kandidat fürs Fegefeuer. Darauf weist die fromme Großmutter gerne hin.

Ulla Hahn beschrieb in ihrem 2001 veröffentlichten Roman „Das verborgene Wort“ eine Kindheit und Jugend in den fünfziger und zu Beginn der sechziger Jahre im Rheinland, zwischen dörflicher Armut und katholischer Frömmelei. Eine enge Welt ist das, in der der Weg vorbestimmt ist für ein Mädchen wie Hildegard: heiraten, Kinder kriegen, Haushalt führen. Allenfalls Töchter aus „besseren Familien“ gehen auf die höhere Schule. Hildegards Fantasie, ihre Freude am Lesen verstört die Eltern. „Do bes et Kenk von nem Prolete“, ruft der Vater zornig.

Die Liebe Hildegards zu den Büchern geht einher mit dem Wunsch, sich aus dem Elternhaus zu lösen. Bildung als Emanzipations- und Befreiungsakt, ein zeitloses Thema. Dem Fernsehen wird häufig zu Recht Mutlosigkeit vorgeworfen. Und vielleicht bedarf es keines besonderen Mutes, einen Bestseller zu verfilmen. Aber hier liegt der Fall anders, schon weil Hermine Huntgeburth (Regie) und Volker Einrauch (Buch) nicht auf den Dialekt verzichten können. Das Rheinische ist für Hildegard eine Barriere, ihre eigene Sprache trennt sie von der Welt, zu der sie gehören möchte.

In „Teufelsbraten“ wird nicht das Unmögliche versucht, nämlich das literarische Können der Ulla Hahn eins zu eins in den Film zu transportieren. Huntgeburth vertraut Hahns Geschichte, aber auch ihren eigenen Bildern und den schauspielerischen Leistungen. Keiner der Charaktere wird hier verächtlich gemacht. Ulrich Noethen etwa spielt den Vater brillant: gewalttätig, aber auch unendlich müde und verbittert, ein ums tägliche Überleben kämpfender Mann, der nicht herauskann aus seiner Proletarierhaut, obwohl er ständig herausfährt. Überspitzt, beinahe grotesk sind nur die Auftritte von Harald Schmidt als Wäschemann und Corinna Harfouch als Hildegards Vorgesetzte im Büro. So viel Spaß darf sein.

„Teufelsbraten“ schildert die sozialen Gegensätze aus der Perspektive eines ganz persönlichen Befreiungskampfs. Dies überzeugend zu erzählen, ist allemal anregender und aktueller als die bombastische Attitüde des historischen „Event“-Fernsehens, das meist nicht mehr bietet, als oberflächliche SchwarzWeiß-Malerei.

„Der Teufelsbraten“, Arte, 21 Uhr; 12. März, ARD, 20 Uhr 15

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