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Jörn Klamroth.

© dpa

Nachruf: Kommerz und Kunst

Als Degeto-Chef stand er für supersofte Unterhaltung und anspruchsvolles Programm, Jetzt ist Jörn Klamroth überraschend gestorben.

Er wusste, was er tat, und weil er es wusste, vermittelte er es mit Überzeugung und mit noch mehr Ironie. Wenn also im Ersten am Freitag die frauenaffinen Stücke um Herzilein und Schmerzilein Quote machen, dann stammen sie von der Degeto Film GmbH, der Filmeinkaufsorganisation der ARD. Jörn Klamroth war deren Geschäftsführer, verantwortlich für einen Jahresetat von rund 400 Millionen Euro. Damit wird eingekauft, werden Produktionsaufträge vergeben, wird kofinanziert, synchronisiert, kurz, das fiktionale Programm der ARD und ihrer Sender mit supersofter bis seriöser Ware bestückt. Titel à la „Liebe am Fjord“ gehörten für einen publikumsorientierten Fernsehmann wie Klamroth unbedingt dazu, seine ungeteilte Zuneigung hatten sie nicht. Die hatten die Projekte der geistreich-spannenden Unterhaltung wie jüngst die Dominik-Graf-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“, die Verfilmung der „Buddenbrooks“, Kino-Höhepunkte, darunter „Kirschblüten – Hanami“ oder „Das weiße Band“. Produktionen, die er mit liebenswürdiger Hartnäckigkeit verfolgte. In Klamroth, dem Programmmacher, steckte ein Feuilletonist.

Diesen Spagat zwischen Kommerz und Kunst vollzog der gebürtige Hamburger nicht erst, seitdem er 2002 Degeto-Chef geworden war. Was er als Autor, Redakteur und Produzent bei Studio Hamburg und der Polyphon gelernt und ausgeübt hatte, das nutzte er nach 1980, nach seinem Wechsel zum WDR-Fernsehen als stellvertretender Unterhaltungschef, dann von 1992 an als Fernsehdirektor mit einem weitgespannten Horizont. Mit Klamroth verbinden sich Serien wie die „Lindenstraße“ und „Kir Royal“ von Helmut Dietl, die „Rudi Carrell Show“, „Boulevard Bio“, preisgekrönte Fernsehspiele von Heinrich Breloer, „Die Staatskanzlei“ über die Barschel-Affäre zum Exempel.

Am Freitag ist Jörn Klamroth gestorben, mit 66 Jahren, unerwartet, unmittelbar vor seinem Ruhestand. jbh

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