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Fehde in Fortsetzung. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (links) lässt ZDFneo-Moderator Jan Böhmermann weiter juristisch verfolgen.

© dpa

"Neo Magazin Royale" ist zurück: Böhmermann steckt in der Erdogan-Falle

Am Donnerstag endet die Sommerpause fürs „Neo Magazin Royale“. Jan Böhmermann muss sich von Erdogan lösen, auch weil der türkische Staatspräsident bei der juristischen Verfolgung nicht locker lässt.

Die juristischen Folgen des Schmähgedichts, das Jan Böhmermann im „Neo Magazin Royale“ auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hielt, sind nach wie vor nicht absehbar. Neben dem zivilrechtlichen Presseverfahren in Hamburg, bei dem Erdogan als Kläger auftritt, laufen in Mainz strafrechtliche Ermittlungen gegen Böhmermann – wegen des Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts.

Der nächste Gerichtstermin im zivilrechtlichen Presseverfahren in Hamburg sei im November, sagte Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger dem Tagesspiegel. „Es könnte zu einem Urteil kommen“, so Sprenger, oder zu einer Beweisaufnahme – doch sicher sei nichts von beidem. „Es gibt auch noch keine Entgegnung der Gegenseite. Aber die wird natürlich kommen.“ Böhmermanns Anwalt Christian Schertz lasse sich Zeit. Das Verfahren gegen Jan Böhmermann sei seines Wissens das einzige, das Erdogan in Deutschland aktuell verfolge.

Mainzer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Beleidigung

Parallel ermittelt in Mainz die Staatsanwaltschaft wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes, seitdem die Bundesregierung im April auf Bitten Erdogans eine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt hat. Zum Stand der Ermittlungen sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller dem Tagesspiegel: „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“ Vonseiten Böhmermanns sei bisher keine anwaltliche Stellungnahme eingegangen. Wann die Ermittlungen – sie laufen seit etwa vier Monaten – zu einem Ende kommen werden, sei nicht absehbar.

Wenn das Magazin „Neo Magazin Royale“ bei ZDFneo am Donnerstag aus der Sommerpause kommt, wäre es eine absolute Sensation, sollte Moderator Böhmermann die anhängigen Gerichtsverfahren übersehen wollen. Der Jan B. steckt möglicherweise in der Erdogan-Falle: Er braucht Aufregung und Aufreger, um sich auf der mit dem Fäkal-Gedichtlein erreichten Wahrnehmungsstufe halten zu können. Da wird es nicht reichen, wenn der 35-Jährige immer mal wieder an seine Schmähzeilen, Erdogan und Angela Merkel erinnert. Die Bundeskanzlerin selbst war es ja, die mit ihrer Bemerkung, das Gedicht sei „bewusst verletzend“, Böhmermann in die vorderste Wahrnehmungszone befördert hat.

Der Moderator erinnerte an den gloriosen Vorgang mit seiner Vorschau auf kommende Großtaten im „Neo Magazin Royale“: „Dass so viele spannende Dinge in der Welt passiert sind, während das ,Neo Magazin Royale’ in der Sommerpause war, finde ich bewusst verletzend.“ Er sei froh, dass es am Donnerstag endlich wieder losgehe. Den Gruß an die Kanzlerin und ihr „Bewusst verletzend“-Zitat goss er jüngst schon in eine neue Rubrik seines Magazins. Und die war im Finale vor der Sommerpause. Da gab er eine Version des Bee-Gee-Covers „I Started a Joke“, heißt, da macht einer einen Witz, der dann auf ihn zurückfällt. Den Song widmete er der Rechtsabteilung des ZDF, das in unverbrüchlicher Treue zum Moderator steht. Intendant Thomas Bellut bekräftigte bereits, den zum Jahresende auslaufenden Vertrag verlängern zu wollen.

Jan B. wieder als Rapper "POL1ZISTENSOHN"

Worauf können die Jan-Böhmermann-Fans hoffen, was müssen die Skeptiker fürchten? Am Konzept der Sendung werde sich nichts ändern, teilte der Sender mit. Die Deutsche Presse-Agentur weiß immerhin, dass Böhmermann wieder in seine Rolle als Rapper „POL1ZISTENSOHN“ zurückkehren werde. Das wird zum großen Paukenschlag nicht reichen.

Auch die angekündigten Gäste – CDU-Politiker und Talkshow-Veteran Wolfgang Bosbach, Musiker Sammy Deluxe und Pro-Sieben-Spaßmacher Klaas Heufer-Umlauf – müssen keinen in Schnappatmung verfallen lassen. Das „Neo Magazin Royale“ glänzt nicht durch die Live-Acts, sondern durch die Einspieler. Nach der durch das Erdogan-Gedicht erzwungenen Schaffenspause führte er einem Fake-Kandidaten die Machenschaften beim RTL-Format „Schwiegertochter gesucht“ vor. Da war mediale Aufregung, und zwar so groß, wie sie angemessen groß sein durfte. Oder glaubt noch irgendeiner in Deutschland, dass das Privatfernsehen bei seinen Bauer-Dschungelcamp-Schwiegertochter-Formaten nicht an der Erregungsschraube dreht?

Apropos Erregung: Worüber hat sich Deutschland bei der sogenannten „Böhmermann-Affäre“ über Wochen erregt? Deutschland kann ein sehr kleines Land sein.

„Neo Magazin Royale“, Donnerstag, ZDFneo, 22 Uhr 30, Wiederholung, ZDF, Freitag, 0 Uhr. In der ZDF-Mediathek ist die Sendung bereits am Donnerstag um 20 Uhr 15 abrufbar.

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