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Medien: Neue Garderoben für Nofretete

Baustelle Museumsinsel: Dokumentarfilm sucht in Paris und Rom nach architektonischen Vorbildern

So schön ist es anderswo. Die Kamera schwenkt durch das British Museum, mit Norman Fosters eindrucksvoller Kuppel über dem Innenhof: Besuchermassen überall, eifriges Gewusel. Nicht anders bei Peis Louvre-Pyramide: lange Schlangen vor dem neuen Wahrzeichen der Stadt. Und an jeder Ecke: Shops, Garderoben, Cafés, der Besucher soll sich, schon bevor er den Ausstellungsbereich betritt, wohlfühlen – und kräftig Geld ausgeben.

„Visionen für ein Museum für morgen“ hat die ZDF-Journalistin Carola Wedel ihren inzwischen vierten Film über die Berliner Museumsinsel genannt und den Blick zunächst weg von Berlin gelenkt. Wedel zeigt Beispiele moderner Museumsarchitektur aus aller Welt, von Bilbao bis Bregenz, von Wien bis Rom, mit allem Glanz, aber auch den Gefahren: Bauten von Frank O. Gehry, Daniel Libeskind oder Zaha Hadid, bei denen die Architektur so dominant ist, dass die Ausstellungsstücke kaum zur Geltung kommen. Oder missglückte Lösungen wie bei den Vatikanischen Museen, wo der zentrale Eingang wie ein Nadelöhr wirkt.

All das könnte man in Berlin besser machen, so der Tenor der Dokumentation, die im Rahmen einer zehnteiligen Kooperation zwischen den Staatlichen Museen zu Berlin und ZDF/3sat entstand. Denn auf der Museumsinsel herrscht noch der Zustand von Vorgestern. Zum Beispiel beim Pergamonmuseum: im Keller eher eine Bücherecke als ein Museumsshop, zu wenige Schließfächer, lange Wege zu den Toiletten, kein Treffpunkt für Gruppen. „Nicht gerade Hauptstadt–like“ nennt Carola Wedel die Misere, die sich so oder nicht viel besser auch in anderen Häusern der Museumsinsel findet.

Was fehlt, ist ein zentrales Eingangsgebäude, mit zentralen Kassen, Cafés und Shops, Garderoben und Versammlungsräume. Geplant ist so ein Haus längst, entworfen von dem britischen Stararchitekten David Chipperfield, als „sechstes Haus auf der Insel“, wie Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann es mit leuchtenden Augen nennt. Indes: Während die Bauplanungen beim Bodemuseum und Neuen Museum fleißig fortschreiten, liegen die Pläne für die benachbarten Neubauten seit Längerem auf Eis.

Nun soll verstärkt um Privatinvestoren geworben werden – auch dieser Film trägt dazu bei. Denn statt der klassischen Dokumentationen der vorangegangenen Teile bezieht er eindeutig Partei für das Gebäude, sammelt Unterstützer-Stimmen bei Architekten und Museumsleuten: ein eindrucksvolles Plädoyer. Damit die Garderoben bald auch für Nofretete reichen – und für die drei Millionen Fans, die auf der Insel erwartet werden.

Heute, 21 Uhr 10, 3sat und Sonntag, 12. 9., 23 Uhr 45, ZDF. Dazu 7. 10., 20 Uhr 15 und 8. 10., 7 Uhr 30 auf Phoenix

Christina Tilmann

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