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Wer reitet so spät…? Zum internationalen Theodor-Storm-Kongress geistert im neuen ARD-Krimi „Nordisch herb“ ein Schimmelreiter durch das nächtliche Husum.

© ARD

Neue Vorabend-Serie: Krimi von der Stange

Die ARD will mit Serien aus der Provinz den schlechten Quoten am Vorabend begegnen. In seiner ersten Folge bleibt "Heiter bis tödlich" blass, versendet sich zwischen Krimi und Komödie.

Die ARD gibt ihren neuen Serien am Vorabend einen etwas nebulösen Auftrag mit auf den Weg: „Heiter bis tödlich“ sollen sie werden, jedenfalls lautet so die gemeinsame Dachmarke. Wenn das aber mal kein schlechtes Omen ist, denn die Zeit zwischen 18 Uhr 40 und 20 Uhr ist tatsächlich ein ewiges Quotengrab im Ersten. Selbst für Star-Moderator Kai Pflaume war der Start mit seinem Freitagsquiz „Drei bei Kai“ alles andere als heiter: Mit 1,56 Millionen Zuschauern bei einem Marktanteil von 6,9 Prozent reihte sich auch noch die zweite Ausgabe nahtlos in die ARD-Tradition der vergangenen Jahre ein.

Nun also folgt die Serien-Offensive. Und weil wir beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind, galoppiert zum Auftakt ein echter Bildungsklassiker über die Mattscheibe, der „Schimmelreiter“ von Theodor Storm. Im friesischen Husum, dessen berühmtester Sohn der Dichter Storm (1817-1888) gewesen ist, spielt die Serie „Nordisch herb“, was im einzigen Zeitfenster, in dem die ARD werktäglich Werbezeiten verkaufen darf, zwischen sechs und acht am Vorabend, sicher rein zufällig an den bekannten Slogan einer Biermarke erinnert.

Drei in eins

„Nordisch herb“ mit dem baumlangen Frank Vockroth („Notruf Hafenkante“) und der rothaarigen Loretta Stern (Sängerin der Berliner Band „Mathilda“) ist der Titel der ersten von vorerst drei neuen Vorabendserien unter der gemeinsamen Dachmarke. Als in der ersten Folge tatsächlich ein Reiter auf einem Schimmel unterwegs ist, warnt der Vater des Kommissars, ein alter Friese und noch dazu Bestattungsunternehmer: „Der Schimmelreiter bringt den Tod.“ Das stimmt wohl, denn schon am nächsten Morgen wird der Reiter selbst tot im Hafen gefunden, weshalb der Alte den übrig gebliebenen Schimmel zur „Kreatur des Leibhaftigen“ erklärt: „Er zieht dem Tod die Furche.“

Aber richtig gruselig oder spannend wird es nun wirklich nicht, und, wo wir gerade dabei sind, richtig komisch auch nicht. Vockroth spielt Kommissar Jon Peterson, der mit einer neuen Kollegin konfrontiert wird, der alleinerziehenden Nora Neubauer, die samt Tochter aus Berlin an die friesische Küste gezogen ist. Der Kulturschock, den das bei dem kernigen Friesen auslöst, gibt Anlass zu einigen flauen Dialogen. Die steife Inszenierung und der hausbackene Humor sind weit entfernt von dem Witz eines anderen Provinz-Krimis, der ARD-Serie „Mord mit Aussicht“ mit den stark überzeichneten Eifel-Figuren. Dagegen latscht „Nordisch herb“ mit seinen Stereotypen – vom eitlen, der Ehefrau untreuen Chef bis zum tollpatschigen Assistenten – ziemlich uninspiriert die schon tausendfach ausgetretenen Krimi-Pfade entlang. Zum Auftakt jedenfalls.

Die Idee erinnert an die Soko-Strategie im ZDF

Das Problem: Diese Masche hat nun System. Neben dem Klassiker „Großstadtrevier“, der am Montag bereits in seine 25. Staffel-Saison startete, werden in Zukunft von Montag bis Donnerstag Krimi-Serien den Vorabend pflastern. Eine Idee, die an die Soko-Strategie des ZDF erinnert, aber durch Landluft und mehr Witz gewürzt sein soll. Vorbei ist die Zeit origineller Komödien wie „Berlin, Berlin“ oder „Türkisch für Anfänger“, jetzt gibt es Serien-Humor von der Stange.

Ab dem 2. November ermitteln mittwochs „Hubert und Staller“ (mit Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau) in den bayrischen Voralpen. Und ab dem 10. November folgen donnerstags „Henker und Richter“ (mit Martin Lindow und Rike Schmid) im westfälischen Büdringhausen. Im Frühjahr 2012 sind dann noch der Harz und die Schwäbische Alp dran. Freuen darf man sich immerhin, dass dann auch Franz Xaver Bogners preisgekrönte Serie „München 7“ wiederbelebt wird.

„Heiter bis tödlich: Nordisch herb“, ARD, 18 Uhr 50

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