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Medien: Neues Österreich

Im Nachbarland startet eine Tageszeitung – auf Hochglanzpapier

Geht es nach Wolfgang Fellner, dann wird sich mit dem 1. September in Österreich viel ändern. „Österreich wird neu“ hatte der Medienmacher im Land plakatieren lassen, gemeint war der Start von Fellners neuer Tageszeitung mit dem nicht wirklich zurückhaltenden Titel „Österreich“. Es ist in Österreich in den vergangenen Jahren ziemlich oft nach Wolfgang Fellner gegangen. Der 51-Jährige prägt seit fast vierzig Jahren die österreichische Medienlandschaft. Da war die Jugendpostille „Rennbahn-Express“, die im Land der „Bravo“ den Rang ablief. In den 80ern surfte Fellner mit der Lifestyle-Fibel „Basta“ auf der Zeitgeistwelle, seinen größten Erfolg feierte er in den 90ern mit der Nachrichten-Illu „News“.

Die neue Tageszeitung soll die Krönung von Fellners Lebenswelt werden. Keine wirklich leichte Aufgabe. 15 Tageszeitungen , von denen vier überregionale Bedeutung haben, gibt es für die acht Millionen Österreicher. Innovationen sind selten, bis auf die Gratis-Zeitung „Heute“ sind alle Titel seit Jahrzehnten auf dem Markt. Die jüngste Tageszeitung, der „Standard“, dümpelt mit einer Auflage von 80 000 Stück vor sich hin. Mit solchen kleinen Brötchen will sich Fellner gar nicht aufhalten. Vom Start weg soll „Österreich“ täglich mindestens 120 000 Hefte verkaufen, sonntags 600 000. Auf Sicht soll sich das Blatt an der „Kronen-Zeitung“ messen, der mit zwei Millionen Lesern größten Zeitung im Land.

Fellner will nach eigener Ansicht den Tageszeitungsjournalismus neu erfinden. Die Blatt-Gliederung richtet sich nicht nach klassischen Ressorts, sondern nach Lebensgewohnheiten. Das erste Buch besteht aus aktuellen Tageszeitungsgeschichten, es folgt ein Kultbuch, ein TV-Supplement, danach die wirkliche Innovation, ein tägliches auf Hochglanzpapier gedrucktes Lifestyle-Magazin. Damit die Verknüpfung von Tageszeitung und Hochglanzpapier möglich wird, ließ Fellner eine eigene Druckmaschine entwickeln. Damit erhofft er sich, neue Anzeigenkunden zu gewinnen, die aufgrund der schlechten Papierqualität das Medium Zeitung bisher gemieden haben: Kosmetikfirmen, Modelabels und andere Lifestyle-Markenartikler.

Vom Tageszeitungsgeschäft hat Fellner eigentlich wenig Ahnung, seine engere Führungsmannschaft hat diese bis auf einige Ausnahmen auch nicht. Wie bei allen seinen Neugründungen schart Fellner bei „Österreich“ alte Weggefährten um sich. Auf der Ebene der Redakteure hat Fellner eher auf billige Kräfte gesetzt, die er zum Großteil in der eigenen Lehrredaktion für seine Version des Journalismus ausgebildet hat. Die hat mehr mit Boulevard als Qualitätsjournalismus zu tun. So soll Fellner dem Vernehmen nach bis Donnerstag versucht haben, das erste Exklusiv-Interview mit Natascha Kampusch zu erhalten. Sein Angebot für das erste Foto soll bei 75 000 Euro gelegen haben. Kampuschs Medienberater winkte ab.

Die größte Schlappe erlitt Fellner bei der Hauszustellung, die für Abonnenten wichtig ist: „Österreich“ kann zum Start seine Abonnenten nicht mit einem eigenen Zustellersystem erreichen, sondern muss mit der österreichischen Post kooperieren. Dadurch liegt die Tageszeitung in den meisten Haushalten erst um 10 Uhr im Briefkasten – zu spät für Menschen, die die Zeitung auf dem Weg ins Büro lesen wollen. So gesehen wird Österreich tatsächlich neu: Es wird zumindest zum Start die erste Zeitung, die erst am Abend konsumiert werden kann.

Markus Huber

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