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Medien: Niedergang mit Humor

Ein halbes Jahr nach dem Neustart bangt „Pardon“ schon um die Existenz

Das legendäre Satiremagazin „Pardon“ sollte nach 22-jähriger Pause unter dem ehemaligen „Titanic“-Redakteur und Harald-Schmidt-Autor Bernd Zeller eine Renaissance erfahren. Stattdessen sinken die Verkaufszahlen ein halbes Jahr nach einem flauen Neustart weiter und weiter. Mit 11 000 verkauften Novemberheften ist die Leserzahl unter die von Chefredakteur und Verleger Zeller genannte Untergrenze von 15 000 Lesern gefallen. Damit steht das Heft mit dem Teufelchen-Logo möglicherweise vor dem Aus. Eine Doppelausgabe für Dezember und Januar, die nur in Bahnhofsbuchhandlungen erhältlich sein wird, ist voraussichtlich der letzte Versuch, das Projekt zu retten. „Man kann es nicht gegen die Fakten durchziehen", so Zeller.

Optimistisch startete der Buchautor und Cartoonist Zeller das erste Heft im Mai 2004 mit einer Auflage von 95 000 Stück. Mit Prominenten wie Roger Willemsen, Wiglaf Droste, Doris Dörrie, Götz Alsmann und seinem ehemaligen Chef Harald Schmidt hatte er einen ansehnlichen Stab an Autoren zusammengetrommelt. Der Erfolg blieb dennoch aus. 50 000 verkaufte Ausgaben des ersten Hefts hatte Zeller als Bedingung genannt, das Blatt ab August monatlich erscheinen zu lassen – 45 000 Leser hatte die erste „Neu“-Pardon gefunden.

Zeller machte trotzdem weiter. Eine zweite Ausgabe im August sowie eine dritte im Oktober diesen Jahres verkauften sich nur noch 20 000 Mal. Für Zeller war dies „kein Grund zum Jammern, aber auch kein Grund zum Jubeln“. Er habe mit dem Einbruch gerechnet und die Produktionskosten beschränkt. Auch jetzt will Zeller nicht klein beigeben, nennt die November-Ergebnisse eine mittelschwere Katastrophe und schraubt die Auflage auf 12 000 herunter. „Solange die Tapferkeit nicht in Idiotie umschlägt, kann man das schon machen“, sagt Zeller, ganz Humorist.

In seinen Zielen ist er bescheiden geworden und wünscht sich nur noch, dass die Leserzahlen nicht noch weiter sinken. Gründe für die fehlende Resonanz vermag Zeller nicht auszumachen. „Es war keine wahnwitzige Angelegenheit“, sagt der Thüringer, der ohne zahlungskräftigen Verlag im Hintergrund sein Privatvermögen in das Projekt gesteckt hat. An seinem Konzept möchte er nicht rütteln: „Wir wollten nicht so schräg und schrill und laut daherkommen, aber auch nicht betulich sein“, so Zeller. Wichtig war ihm eine Abgrenzung von seinem ehemaligen Arbeitgeber „Titanic“. Dessen Humor, der zur Etikette verkommen sei, wollte Zeller Niveau in der Tradition der Ur-„Pardon“ gegenüberstellen. Reine Satire sollte mit Essays und Kolumnen gemischt werden.

Vielleicht ist es neben dem Verkaufspreis von vier Euro bei einer Blattstärke von rund 80 Seiten der hohe Anspruch, der „Pardon“ nun straucheln lässt. Schließlich hatten für die 1962 gegründete erste Satirezeitung Deutschlands mit zeitweise über 300 000 Lesern namhafte Autoren wie Hans Magnus Enzensberger, Erich Kästner, Loriot, Günter Wallraff, Alice Schwarzer oder Herbert Feuerstein gearbeitet. Die prominenten Köpfe waren Zeller schon nach der ersten Ausgabe weggebrochen.

Der 38-jährige Jenaer macht daraus kurzerhand ein Konzept: Er halte nichts davon, auf Prominenz zu setzten, sagt er heute. Er fördere lieber die Humoristen von morgen. Auch bei den Inhalten kann Zeller den eingeschlagenen Kurs nicht halten. Zwar verzichtet er auf reißerische Aufmacher, Textlastigkeit allein führt jedoch nicht zum angestrebten Niveau. Die gleichmäßig gestreuten schnell konsumierbaren Cartoon- und Stand-up-Comedy-Happen unterscheiden sich kaum von denen anderer Satireblätter.

Zudem ist der Druck durch „Titanic“ und dessen ostdeutsche Konkurrenz „Eulenspiegel“ groß, – wenngleich Zeller betont, sein Vorhaben wäre „absolut marktentsprechend“. Der „Eulenspiegel“, auch ein ehemaliger Arbeitgeber Zellers, hat dank der engen Leser-Blatt-Bindung im Osten dort über 100 000 Stammleser bei einer leicht rückläufigen Gesamtleserschaft von rund 113 000 im dritten Quartal 2004. Die „Titanic“, mit der aktuellen 301. Ausgabe 25 Jahre alt und 60 000 Leser stark, hat „Pardon“ schon einmal zu Fall gebracht. Zwei Jahre, nachdem Gerhard Henschel und Robert Gernhardt zur damals neu gegründeten „Titanic“ gewechselt waren, wurde „Pardon“ 1982 eingestellt.

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