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Online-Mediathek: Goldene Träume

Google TV – oder warum es der Internetkonzern in Sachen Fernsehen schwer hat.

YouTube-Video, Lieblingsserie oder „Tatort“ jederzeit abrufbar auf dem Fernsehbildschirm, zwischendrin Online-Spiele oder Mails an Freunde, vom Sofa aus mit der Fernbedienung – über die Fernsehnutzung der nahen Zukunft wird viel spekuliert. Vor allem dann, wenn vom Stichwort „Google TV“ die Rede ist, von den neuen Fernsehgeräten und ihren technischen Möglichkeiten, der Verschmelzung von Web und TV mittels der „Smart TV“-Funktion. Das gewohnte Fernsehprinzip – ein Bildschirm, ein Programm und ein recht enges Korsett an Inhalten – wird sich verändern. Die Frage ist nur, ob sich dabei die klassischen Programmanbieter wie ARD oder RTL von Internetkonzernen wie Google oder auch Apple zur Seite drängen lassen.

Google TV kommt nach Deutschland, heißt es seit Monaten. Der Konzern ist mit diesen Plänen aber offenbar ins Stocken geraten. Momentan gebe es keine Ankündigungen bezüglich eines Termins für den Deutschlandstart, sagt eine Google-Sprecherin, ohne näher auf die Gründe einzugehen. Es ist vielen gar nicht so klar, was sich unter Google TV vorzustellen ist: am ehesten wohl eine Art App-Store für den Fernseher, der sich über die Fernbedienung steuern lässt. Dazu muss eine Box zwischen Receiver und Fernseher geschaltet werden. Es reicht aber nicht, eine Software-Plattform für Set-Top-Boxen und HDTV-Fernsehgeräte auf Basis des Google-Betriebssystems Android zur Verfügung zu stellen, wenn es an Serien, Filmen oder Dokus mangelt, die sich auf den Schirm bringen lassen. Bei allem High-Tech: Google TV kann eben nur so gut sein, wie die Inhalte, die dahinterstehen.

Diese Inhalte produziert der deutsche Fernsehmarkt mit seinen großen öffentlich-rechtlichen Sendergruppen ARD und ZDF sowie den privaten Veranstaltern RTL-Gruppe und ProSiebenSat1 auf der anderen Seite, Programme stehen längst auch zum Streaming bereit, in den Online-Mediatheken von ARD und ZDF sowie den Portalen RTLnow oder Maxdome. „Dr. House“, „Harald Schmidt Show“, „Gottschalk live“, „Markus Lanz“, „Roche & Böhmermann“, „Tagesschau“, das alles liegt nur einen Mausklick entfernt – Objekt der Begierde für das Modell „GoogleTV“, was noch mit Inhalten gefüllt werden muss.

„Sicher, ,Google TV‘ könnte die Nutzung von Inhalten auf den großen Bildschirm im Wohnzimmer bringen, die mit der klassisch-linearen Verbreitung in Konkurrenz steht“, sagt Marc Schröder, Geschäftsführer RTL interactive. Aber Inhalte für Google TV anbieten? Das beabsichtige RTL nicht. „Für eine Entwicklung spezifischer Anwendungen für Google TV sehen wir keine Veranlassung.“

Schwierige Voraussetzungen für einen Eintritt von Google TV in den deutschen Markt; der noch voller wird. ARD und ZDF planen eine gemeinsame, kostenpflichtige Online-Mediathek, die Highlights aus 60 Jahren TV-Geschichte versammeln soll. Arbeitstitel: „Germany’s Gold“. Daran sind neben den Produktionstöchtern von ARD und ZDF noch 17 Firmen wie Bavaria, Brainpool oder ZieglerFilm beteiligt. „Wir rechnen mit dem Start noch in diesem Jahr“, sagt eine Sprecherin der WDRMediagroup. Derzeit ist das Video-on-Demand-Projekt zur Prüfung beim Bundeskartellamt anhängig.

Gibt das Kartellamt grünes Licht, behalten ARD und ZDF mit ihrer gemeinsamen Online-Videothek die Kontrolle über die weitere Vermarktung ihrer Programmleistungen. Über Fernsehgeräte mit Internet-TV-Applikation kann das auch auf den Bildschirm kommen. Was wäre dann für den Zuschauer/User der Nutzen von Google TV? „Ein Mehrwert von Google TV könnte sein, dass es seine Expertise in der Suche für den Bereich Bewegtbildinhalte auf den TV-Bildschirm verlängert“, sagt Jens-Uwe Bornemann, Vice President Digital Ventures und Innovation sowie Gründer der Digitaltochter Ufa Lab. Über die Frage, wie die Programmnavigation der Zukunft aussehen könnte, steht Ufa Lab auch mit Google TV im Kontakt.

Dabei kommt der Versuch von Google TV, Web und TV zu verschmelzen, auch auf dem US-Markt noch nicht richtig voran. Die großen Sender und Studios geben ihre Serien, Shows und Filme bislang nicht dafür her. Googles Dominanz im Onlinewerbemarkt schreckt die Fernsehmacher. Ihre ureigenste Einnahmequelle, die TV-Werbung, wollen sie ungern mit Google teilen. Der Internetfernseh-Nutzer auf dem Sofa soll sofort wissen, woher das kommt, was er da auf dem Bildschirm sieht.

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