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Der französische Cop-Thriller „Braquo“.

© Foto. Promo

Online-Streaming: Räuber, Piraten, Revolutionen

Internet-Videotheken wie Watchever wirbeln den Fernsehmarkt weiter durcheinander. Demnächst sollen auch eigene Serien produziert werden.

Braquages ist das französische Wort für Raubüberfälle. Vor allem in den Pariser Banlieues sind sie ein großes Problem. „Braquo“ lautet der Name einer französischen Cop-Serie. Sie handelt von einer Spezialeinheit der Polizei, die undercover und am Rande der Illegalität operiert. „Braquo“ ist schnell und hart. In Deutschland startet die Produktion allerdings nicht als klassische TV-Serie. Vielmehr wird „Braquo“ vom 21. Februar an exklusiv bei der Internet-Videothek Watchever zu sehen sein. Mit der Serie „House of Cards“ hat der US-Dienst Netflix vorgemacht, dass Abrufdienste nicht nur aufwendig produzierte TV-Serien zweitverwerten, sondern ebenfalls attraktive Inhalte produzieren können.

Die TV-Branche befindet sich in einem ihrer größten Umbruchprozesse. Die Nutzer der Internet-Videotheken können am heimischen Fernseher genauso wie auf einem Tablet-PC oder Smartphone jederzeit sehen, was sie wollen, und nicht nur das, was gerade im klassischen Fernsehen auf dem Programm steht. Während der Berlinale fand am Montag ein Branchentreffen des Medianet Berlin-Brandenburg statt, in dem die Frage „Google, Watchever oder die ARD? Wer wird der dominante Player beim Internet-Fernsehen, und worauf sollten sich Rechteinhaber in Zukunft einstellen?“ gestellt wurde.

Watchever ist ein Tochterunternehmen des französischen Mischkonzerns Vivendi. Eine andere Schwester ist Canal+, der Produzent von „Braquo“. Trotz französischer Mutter kann Watchever eigenständig agieren. Die Entscheidungen, welche Inhalte zum Abruf angeboten werden, fallen in Berlin. „Jeder Film und jede Serie wird von uns einzeln ausgesucht“, sagte Geschäftsführerin Sabine Anger. „Ein gutes, einfaches Modell mit attraktiven Inhalten ist der beste Anti-Piraterie-Schutz“, sagt sie. Die preisgekrönte Serie „The Returned“ lief zuerst bei Watchever. In Kürze will der Dienst auch in Deutschland eine eigene Serie produzieren.

Hans Hege, der scheidende Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, warf am Montag eine Frage von enormer Tragweite auf: Was würde es für die Vielfalt der Video-on-demand-Anbieter bedeuten, wenn sich der US-Gigant Netflix für seinen Deutschland-Start mit der Telekom zusammentut? Noch immer ist der Bonner Ex-Monopolist einer der wichtigsten Player unter den Internet-Providern und versorgt rund 40 Prozent der Haushalte mit einem Zugang zum Netz. Die Pläne der „Drosselkom“, wie die Telekom genannt wurde, machten im vergangenen Jahre jedermann klar, was eine Verletzung der Netzneutralität bedeutet. Jedes Partnerunternehmen eines großen Internetproviders, dessen Internetverkehr nicht auf die maximale Datenübertragung angerechnet wird, erhält gegenüber seinen Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil, der kaum noch ausgeglichen werden kann. Wohin das führen kann, ist für den Medienrechtler klar: Große Unternehmen können bessere Konditionen aushandeln als kleine. „Dagegen brauchen wir besondere Sicherungen“, warnte Hege. Noch funktioniere der Wettbewerb, aber wenn erst globale Player wie Google in diesen Markt drängten, sei der Konzentrationsprozess unausweichlich. „Auch kartellrechtlich macht es dabei keinen Sinn, auf regionaler Ebene mit Google zu verhandeln“, sprach sich Hege für ein konzertiertes Vorgehen in Europa aus.

Das klassische TV bleibt Leitmedium, sagt die ARD

Das klassische Fernsehen wird seine Rolle als Leitmedium behalten, war sich Michael Kühn vom Generalsekretariat der ARD sicher. Ein Grund seien dabei die selbst produzierten Inhalte, mit denen nicht zuletzt die deutsche Lebenswirklichkeit abgebildet werde. „Ein Polizist in Deutschland verhält sich anders als ein US-Cop“, sagte Kühn. Und anders als ein französischer Undercover-Polizist in den Banlieues, könnte man hinzufügen. Umso gespannter ist die Branche, worum es in der ersten deutschen Produktion eines Video-on-demand-Dienstes gehen wird. Das ändert jedoch wenig daran, dass ARD, ZDF und deren private Konkurrenz auf einem gewaltigen Berg von Fernsehfilmen und TV-Serien sitzen. Watchever-Frontfrau Anger sah darum beim Branchentreff auch genügend Chancen für beide Seiten. Sicher sei eines: dass die tägliche Sehdauer weiter zunehmen wird.

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