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© dpa

ONLINE & ZEITUNG: „Kämpf’ nicht gegen Google!“

Zeitungsverleger Dirk Ippen will für eigene Online-Formate vom Internet-Riesen lernen

Dirk Ippen lässt jeden Tag über eine Million Zeitungen drucken – doch er redet nicht gerne mit den Medien. Der Herr über die fünftgrößte Zeitungsgruppe Deutschlands sagt, er wolle nicht den Eindruck vermitteln, er äußere sich zu allem und jedem. Doch der 68-jährige Verleger hat der Medienbranche durchaus einiges zu sagen: „Don’t bet against Google“, warnt Ippen zum Beispiel. „Ich würde nicht gegen Google kämpfen.“ Die deutschen Verlage fordern derzeit von dem US-Unternehmen, an den Werbeeinnahmen des Nachrichtenüberblicks „Google News“ beteiligt zu werden. „Das ist schön, aber ich fürchte, das bleibt Wunschdenken“, sagt Dirk Ippen. Man müsse zweigleisig fahren, sich die Vorteile von Google zunutze machen und gleichzeitig eigene Formate aufbauen. Ippens Gruppe selbst ist etwa an dem Lokalnachrichtenportal „Local XXL“ beteiligt. Denn eines steht für den Verleger fest: „Weder Google noch irgendwer sonst hat vor Ort so viele fähige Journalisten wie die deutschen Zeitungsverleger.“ Kein Internet-Unternehmen werde es sich je leisten können, vor Ort 1600 Lokalredaktionen aufzubauen und zu unterhalten, wie es die Zeitungen täten. Doch dauerhaft Geld für Lokalnachrichten im Internet zu verlangen – ob das funktioniere, bleibe für ihn fragwürdig.

Im Lokalen, dort kennt Dirk Ippen sich aus, dort ist er groß geworden und es hat ihn groß gemacht. Ausgehend von der Tageszeitung „Westfälischer Anzeiger“, die er von seinen Eltern erbte, kaufte er ein kleines Imperium aus über 20 Regional- und Lokalzeitungen zusammen, vom „Münchner Merkur“ in Bayern bis hin zum „Oranienburger Generalanzeiger“ in Brandenburg. Die Münchner „Abendzeitung“, die laut „Hamburger Abendblatt“ zum Verkauf stehen soll, wird nicht dazukommen: „Sie ist uns nicht angeboten worden und wir dürften sie aus kartellrechtlichen Gründen auch nicht kaufen“, sagt Ippen, dem in München die Konkurrenzzeitung „tz“ gehört.

Der Ippen-Gruppe geht es dennoch verhältnismäßig gut in der Krise. „Wir schreiben keine roten Zahlen“, sagt der Unternehmer. „Wir haben nie die Höhen erlebt wie die Großstadttitel und wir fallen deshalb auch nicht so tief.“ Der Mann mit den weißen Haaren und der Nickelbrille macht sich und seine Blätter gern kleiner als sie sind – dabei hat sein Wort Gewicht in der Branche. So ließ er Anfang des Jahres seine Lokalzeitung „Hessische/Niedersächsische Allgemeine“ mehrere Wochen lang proben, ob sie nicht auch ohne die Meldungen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auskommen könne. Wäre Ippen mit seiner gesamten Gruppe aus dem dpa-Kundenkreis ausgeschieden – es hätte das Genossenschaftsmodell der Agentur ins Wanken gebracht. Ippen blieb bei der dpa und sagt heute: „Wir brauchen die dpa, aber sie muss sich wandeln wie wir alle.“ Von Stiftungsmodellen oder dem Einstieg des Staates hält Ippen dabei nichts.

Die Gesellschafter, meint der promovierte Jurist Ippen, sollten stattdessen der Nachrichtenagentur erlauben, direkt an die Leser zu liefern. „Wenn sich die dpa als moderner Nachrichten-Aggregator ins Netz stellt, dann dürfte auch ein Spiegel Online dagegen bescheiden aussehen“, ist der Verleger überzeugt.Und Ippen muss wissen, wie man profitabel arbeitet – er hat sich einen Ruf als knallharter Sanierer erworben. Anfang der achtziger Jahre übernahm er den schwächelnden „Münchner Merkur“ und entließ 300 Leute. Heute ist das Blatt für München und Oberbayern kerngesund. „Rechnen ist wichtiger geworden als früher“, fühlt sich Ippen bestätigt. Er selbst habe einst bedeutende Verlegerpersönlichkeiten gekannt, „denen war die wirtschaftliche Seite völlig egal“.

Mittlerweile zieht sich Ippen schrittweise aus seinem Unternehmen zurück. Sein Neffe Daniel Schöningh und sein Sohn Jan haben in den letzten Jahren die Print- beziehungsweise Digitalsparte seiner Gruppe übernommen. Im Rückblick bleibt für den Verleger, geboren in Rüdersdorf bei Berlin, nur ein Traum unerfüllt – eine große Prestigezeitung wie die „Süddeutsche Zeitung“ zu besitzen. „Das wäre ein Traum gewesen“, sagt Ippen. „Aber nur im Kitschroman erfüllen sich alle Träume“. Dominik Bardow

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