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Medien: Orchester ohne Graben

„Emmy“ für deutsche Dokumentation über Daniel Barenboims West Eastern Divan Orchestra

Es hagelt Preise, und das zu Recht. Für sein West Eastern Divan Orchestra, das junge Musiker aus allen Ländern des Nahen Ostens zusammenbringt, war der Dirigent Daniel Barenboim in diesem Jahr sogar für den Friedensnobelpreis im Gespräch. Gerade erst hat er in Berlin den „Preis für Toleranz und Verständigung“ im Jüdischen Museum enthalten. Nun ist ein Dokumentarfilm, der Barenboim und sein Orchester sechs Jahre lang begleitet hat, als einziger deutscher Beitrag bei der diesjährigen Verleihung der „International Emmys“ in New York ausgezeichnet worden.

Der Dokumentarfilm „Wir können nur den Hass verringern“ (Knowledge is the Beginning) von Paul Smaczny zeigt die Gründung des Orchesters bei einem Workshop in Weimar 1999, die gemeinsamen Probenphasen in Deutschland und in Sevilla und schließlich das nur unter großen Schwierigkeiten zustande gekommene Konzert in Ramallah im August 2005. Der Film erinnert auch an den 2003 verstorbenen palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said, der gemeinsam mit seinem Freund Barenboim das Projekt entwickelte. Und er zeigt die jungen Musiker aus Israel und den palästinensischen Gebieten, aus Syrien und dem Libanon bei heftigen Diskussionen – über die Mauer, mit der Israel die palästinensischen Gebiete einschließt, oder darüber, wie wenig man von seinen direkten Nachbarn wisse – und über die eigenen Ängste und Vorurteile. Nicht immer sind die Gespräche leicht, manchmal scheitern sie – aber man kommt immer wieder zusammen.

Dass das ganze Projekt vom Mut jedes einzelnen Beteiligten lebt, wird immer wieder deutlich – und auch, dass es ohne die Autorität und Leidenschaft seines Dirigenten undenkbar wäre. Immer wieder vermittelt Barenboim, fährt nach Ramallah, um dort ein Klavierkonzert für Jugendliche zu geben, tritt vor der Knesset auf und provoziert mit einem Appell für friedliches Zusammenleben einen Eklat. Weltgeschichte in Klängen: Die unkommentierte Dokumentation entwickelt eine erstaunliche Sogkraft. „Das eigentliche Wunder ist, dass es dieses Orchester immer noch gibt“, sagt Barenboim bei der Vorstellung. Aber „Das Unmögliche ist immer leichter als das Schwierige.“

Die ZDF/Arte-Koproduktion lief im August 2005 in einer ersten Fassung auf Arte und wurde vor zwei Wochen in der Endfassung in Berlin vorgestellt (siehe Tagesspiegel vom 10. 11.). Sie soll Anfang 2007 auch in die Kinos kommen.

Für den Emmy nominiert waren insgesamt fünf deutsche Produktionen, darunter der Fernseh-Vierteiler „Abenteuer Glück“ von Annette Dittert sowie die ebenfalls vierteilige ZDF-Dokumentation „Die harte Schule der 50er Jahre“. Auch Schauspielerin Heike Makatsch war für ihre Hauptrolle in dem SWR-Fernsehfilm „Margarete Steiff“ über die schwäbische Spielzeugherstellerin nominiert, ging aber leer aus.

Die meisten der insgesamt 14 internationalen „Emmy“-Fernsehpreise gingen indes am Montag im New Yorker „Hilton Hotel“ an britische Produktionen. Als beste Drama-Serie wurde die britische Polizei-Saga „Life on Mars“ ausgezeichnet, der Preis für den besten Darsteller ging an den Briten Ray Winstone für seine Rolle in der Detektivserie „Vincent“. Als beste Comedy-Serie wurde die ebenfalls britische Satire „Little Britain“ geehrt. Beste Schauspielerin wurde die in den Niederlanden lebende Marokkanerin Maryam Hassouni für ihre Rolle als Palästinenserin unter Terrorverdacht in dem niederländischen Film „Offers“. Zum Abschluss der Gala erhielt der Regisseur Steven Spielberg als Sonderpreis den „Gründer-Emmy“.

Christina Tilmann

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