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Medien: Pay-TV: Ein Bio für Bombay

Am heutigen Sonnabend, so um die Mittagszeit, kommt zu Siegfried und Roy die deutsche Mordkommission ins Haus. Sie hat einen Kommissar aus Essen auf die Dienstreise ins ferne Las Vegas geschickt: Heinz Haferkamp.

Von Barbara Nolte

Am heutigen Sonnabend, so um die Mittagszeit, kommt zu Siegfried und Roy die deutsche Mordkommission ins Haus. Sie hat einen Kommissar aus Essen auf die Dienstreise ins ferne Las Vegas geschickt: Heinz Haferkamp. Was die beiden Tigerdompteure angestellt haben? Sie haben sich Channel D angeschafft. Siegfried und Roy sind nämlich die beiden ersten Abonnenten des ersten deutschen Auslands-Pay-TV. Heute, um neun Uhr abends mitteleuropäischer Zeit - in Las Vegas ist es dann ein Uhr - wird der Startknopf gedrückt: Das Programm beginnt mit einem WDR-"Tatort" mit Hansjörg Felmy als Kommissar Haferkamp, im Anschluss die Gesprächssendung "Maischberger". Sendegebiet: von Alaska bis Feuerland.

Channel D arbeitet mit einem Etat von zwei Millionen Mark. Der private Fernehkanal hat kaum mehr als eine Hand voll Gesellschafter, die die ganze Arbeit selbst machen. Mit einer Satellitenschüssel, groß wie ein Schwimmbad, wird das Programm in die halbe Welt gesendet - sie steht beim technischen Direktor im Vorgarten. Und Programmchef Karl-Otto Saur, der fast zwei Jahrzehnte die Medienseite der "Süddeutschen Zeitung" leitete, kommt mit der S-Bahn zum Pressetermin. Channel D kann es sich auch nicht leisten, Sendungen selbst zu produzieren. Saur durchforstet also die Archive von Privaten und Öffentlich-Rechtlichen nach Filmen, Dokumentationen, Serien. Gut, wenn sie schon ein bisschen älter sind. Dann sind sie auch nicht so teuer. "Für uns ist es vor allem wichtig, dass sie ein Heimatgefühl vermitteln", sagt er. Ein Paket mit Dominik-Graf-Filmen hat er gekauft, aber auch Serien wie der "Bulle von Tölz". Und ein Programmpunkt hat sich ganz von selbst eingefunden: Die "Harald-Schmidt-Show". Schmidt ist mit zehn Prozent der Anteile Gesellschafter von Channel D. Um die Ausstrahlungsrechte für die Schmidt-Show muss Saur aber noch mit Sat 1 verhandeln.

In nur einem halben Jahr schaffte der kleine Privatkanal, woran sich Große schon lange versuchen: nämlich ein Unterhaltungsfernsehen für Deutsche im Ausland auf die Beine zu stellen, das zugleich ein Kontrastprogramm zum rein informativen Deutsche Welle TV ist. Bei RTL, sagt deren Sprecherin Ingrid Haas, habe es ähnliche Überlegungen gegeben. Von Plänen zu sprechen, wäre aber übertrieben. Zwar würde es Übersee-RTL nicht an Zuschauern fehlen: etwa fünf Millionen Deutsch-Stämmige leben im Ausland. Die Werbeblöcke würden dennoch leer bleiben. Es gibt einfach zu wenig Produkte, die es weltweit zu bewerben lohnt.

Einziger Ausweg für Private ist also Pay TV. Und da die öffentlichen Mittel nicht mehr so reichlich fließen, plant auch die Deutsche Welle ein zweites Programm im 15-Dollar-Abonnement, ARD und ZDF machen mit. Und das sind mehr als nur Pläne. Es gibt schon Wirtschaftlichkeitsstudien, es gibt Verhandlungen mit amerikanischen Pay-TV-Betreibern. Sogar der Name steht schon fest: The German Channel. Nur Geld gibt es noch keines. Die nötigen 60 Millionen Anschubfinanzierung muss der Bundestag im Herbst erst bewilligen.

Etwa 20 Deutsche-Welle-Mitarbeiter sollen den German Channel einmal bestücken. Insgesamt wird der Auslandssender, der komplett aus dem Bundeshaushalt finanziert wird, auf sämtliche Mitarbeiter von ZDF, ARD und Deutsche Welle zurückgreifen können. "Derrick" und "Christiansen", "Boulevard Bio" und "Lindenstraße" - für die Acht-Stunden-Programmschleife hat sich DW-Fernsehchef Wolfgang Krüger im öffentlich-rechtlichen Programm bedient wie in einem Kaufmannsladen. "Wir machen anspruchsvolles Vollprogramm", sagt Interimsintendant Reinhard Hartstein - im Gegensatz zur "schwachbrüstigen Konkurrenz". Spätestens im März soll der German Channel in den USA auf Sendung gehen.

Bis dahin will Channel D schon etwa 5000 Abonnements zu monatlich 20 Dollar verkauft haben. So will es der Plan. Viermal so viele sollen es in einem Jahr sein, dann hätte Channel D die Investitionen zurückverdient. Hat sich das Programm in Nord- und Südamerika etabliert, soll es auch nach Asien expandieren. Schwachbrüstig, kontert Programmchef Saur die Kritik von Hartstein, sei sein Sender nur bei den Nachrichten. Da gibt es vorerst bloß Ton und keine Bilder. Aber auch hier hat er eine trickreiche Idee. Der Deutschen Welle wird sie nicht gefallen. Deren Auftrag ist es nämlich, ein Bild von Deutschland zu verbreiten. So sei sie verpflichtet, jeder TV-Station der Welt ihre Videos zur Verfügung zu stellen, erklärt Saur. Sozusagen als Werbung für Deutschland. Den Antrag dafür hat Saur schon gestellt: "Wir sind doch auch eine Fernsehstation.

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