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Politik Digital: Vom Online-Portal ins Parteiprogramm

Beim Thema E-Democracy möchte jeder Politiker dabei sein, auch die SPD mit ihrer neuen Website

Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 hatte Sigmar Gabriel auf dem Dresdener Parteitag der SPD im November eine „neue Diskussionskultur“ angekündigt. Die Partei müsse sich öffnen, hieß es, dahin gehen, „wo das Leben ist, dahin, wo es riecht und gelegentlich auch stinkt“. Weil dieses Leben zunehmend auch im Internet stattfindet, stellt sich die SPD jetzt auch dort neu auf: Am Samstag soll die neue Version der Parteiseite www.spd.de online gehen. „Wir wollen damit das Versprechen von Dresden einlösen und die SPD weiter in die Gesellschaft einklinken“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles in Berlin bei der Präsentation der Seite.

Auf den ersten Blick ähnelt spd.de einem Nachrichtenportal. Es gibt untereinander angeordnete Artikel, darüber eine übersichtliche Schlagwortliste, über die man Themenbereiche wie „Bildung“ oder „Atomausstieg“ direkt ansteuern kann. Die SPD hat eine eigene Redaktion mit zwölf Leuten eingerichtet, die das Portal mit tagesaktuellen Inhalten füllt. Ein Korrespondentennetzwerk soll Nachrichten aus den Regionen zuliefern.

Das könnte ein Fortschritt sein angesichts der Tatsache, dass die Parteien ihre Webseiten bislang vor allem mit Statements von Spitzenpolitikern füllen, im Falle der Linken oft sogar nur mit Pressemitteilungen. „Das sind eigentlich nur Verlautbarungsplattformen“, sagt Stefan Gehrke, Geschäftsführer des Vereins politik-digital.de, der sich mit politischer Kommunikation im Internet befasst. Eigentlich bietet das Netz alle Voraussetzungen für einen Dialog mit den Bürgern. Das zeigt zum Beispiel die Flut an Fragen, die die Bürger den Parlamentariern auf Abgeordnetenwatch.de stellen. „Solche Partizipationsangebote sind erfolgreich, weil die Parteien hier eine Lücke gelassen haben“, sagt Gehrke. Das will die SPD auf ihrer Website ändern. Die Leser können Artikel zukünftig kommentieren – egal, ob sie SPD-Mitglied sind oder nicht. „Das ist ein Experiment, das wir da beginnen“, sagte Nahles.

Es ist nicht das erste Experiment im Bereich E-Democracy. Seit Jahren versuchen die Parteien, die Ideen der Bürger über das Internet in den innerparteilichen Willensbildungsprozess aufzunehmen. Die FDP hat bereits 1996 das Portal www.my.fdp.de ins Leben gerufen, auf dem heute über 51 000 Mitglieder registriert sind und über Wahlprogramme diskutieren. Die SPD ließ die Internetnutzer 2007 in einer Online-Programmwerkstatt an ihrem Grundsatzprogramm mitfeilen, auch die CDU forderte dazu auf, „Zehn Zeilen für Deutschland“ und für das Parteiprogramm zu schicken. Allerdings schafften es nur relativ wenige Inhalte aus diesen Online-Portalen auch wirklich ins Parteiprogramm, sagt Stefan Gehrke. „Eine wirkliche Beteiligung am Aufbau der Programme war das nicht.“ Das lässt das Grundproblem erkennen: Die Parteien eröffnen zwar einen Online-Dialog, führen ihn aber nicht konsequent zu Ende. Eine schicke Webseite mit Kommentarfunktion oder Diskussionsplattform anzubieten ist nicht genug. „Technisch und optisch sind die Seiten aller Parteien auf dem besten Weg. Aber es muss auch von vornherein klar sein, was mit dem Input des Bürgers geschieht“, sagt Gehrke. „Wenn er nicht weiß, ob und wie seine Kommentare zur Kenntnis genommen werden, wirkt das demotivierend.“

Wie konsequent die SPD sich auf ihrer neuen Webseite den Debatten stellen wird, könnte sich am Wochenende zeigen. Der Parteitag dürfte für genug Diskussionsstoff sorgen. Christian Helten

Christian Helten

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