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Wolfgang Büchner.

© dpa

Porträt: Was will der neue "Spiegel"-Chef Wolfgang Büchner?

Am 1. September übernimmt Wolfgang Büchner offiziell die "Spiegel"-Chefredaktion. Mitarbeiter fühlen sich durch Büchners erste Personalie Nikolaus Blome provoziert.

In der Freien und Hansestadt Hamburg weht der Wind gern von vorne. Auch an der Ericusspitze, wo der Spiegel-Verlag sein Hauptquartier hat. Wolfgang Büchner weht er gerade ins Gesicht. Am 1. September übernimmt er offiziell die Chefredaktion. Die Mitarbeiter KG, mit 50,5 Prozent Verlagsanteil eine mehr als mitbestimmende Kraft im komplizierten Machtgefüge, fühlt sich von Büchner provoziert. Der hat sich sehr erfreut darüber gezeigt, dass er mit Nikolaus Blome „einen der profiliertesten politischen Journalisten Deutschlands“ gewinnen konnte. „Bild“-Vize wird „Spiegel“-Vize, für zahlreiche Magazin-Macher eine (ideologische) Kampfansage. Rasch wurden genug Stimmen für eine außerordentliche Mitarbeiterversammlung eingeholt. Wolfgang Büchner hat umgehend reagiert: In einer Mail an die Mitarbeiter KG fordert er dazu auf, seine Entscheidung für Blome zu akzeptieren. Büchner stellt die Vertrauensfrage. Wie er bei einem Nein reagiert, schreibt er nicht. Was er selbst bei einem positiven Votum machen muss: zusehen, dass sich der Gegen- in einen Rückenwind dreht.

Mit Büchners Berufung zum „Spiegel“-Chef verbindet sich die Erwartung, dass er seine andernorts erworbenen Meriten in eine zukunftsweisende Strategie für das Magazin kapitalisiert. Die Verzahnung von Print und Online ist ein Stichwort, ein zweites, dass Büchner ein Gespür für relevante wie verkaufsträchtige Titelgeschichten beweist. „Der Spiegel“ soll mit ihm seine publizistische wie wirtschaftliche Potenz wiederfinden.

Geboren 1966 in Speyer, hat Büchner als Chef vom Dienst die „Financial Times Deutschland“ mit aufgebaut, er hat „Spiegel online“, zuletzt als Chefredakteur, in die Erfolgsspur gebracht. 2009 ging er an die Spitze der dpa. Mit Verve und der Bereitschaft, mehr Redaktionsmanager als Autor sein zu wollen – Büchner ist keine „Edelfeder“ –, hat er den mittlerweile insolventen Konkurrenten dapd in Schach gehalten und die dpa in die Gewinnzone zurückgeführt. Stets hat er der Nachricht den Rang eines Qualitätsprodukts gegeben; den Online-Vordenker treibt auch die Überzeugung, dass die Internet-Generation für journalistische Inhalte zu gewinnen ist. Aus der Agentur wird dem so umtriebigen wie kommunikativen „Chefredakteur des Jahres 2010“, eine Auszeichnung des „Medium Magazins“, nichts Böses nachgerufen.

Die „Spiegel“-Truppe versteht sich nicht als Dienstleister. Dafür Nikolaus Blome als Vorboten eines Richtungswechsels hin zum Konservativen. Und Büchner? Die dpa hat seinen Nachfolger noch nicht bekannt gegeben.

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