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Preußen-Hochzeit in Potsdam: „Ein Brandenburger Ereignis“

Der ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert über die Übertragung der Preußen-Hochzeit im RBB, den Vorwurf des "Adelskults" und warum so viele Menschen einschalten, wenn in Monarchien geheiratet wird.

Herr Seelmann-Eggebert, am Samstag heiraten in Potsdam Georg Prinz von Preußen und Sophie von Isenburg, zwei Bürger einer Republik – und der RBB berichtet darüber drei Stunden lang, Sie kommentieren live. Spielt der Sender jetzt Monarchie?

Nein, die Sendung hat eher den Stellenwert einer Geschichtsstunde. Es geht darum, darauf hinzuweisen, dass es hier einmal ein Schloss gab, in dem ein Mann wie Friedrich der Große lebte, der Europas Landkarte sehr verändert hat.

Beim RBB klingt das ganz anders. Da wird die Hochzeit als „eines der herausragenden gesellschaftlichen Ereignisse dieses Jahres“ ausgerufen.

Das ist sie sicher nicht. Es hat in diesem Jahr nur ein royales Großereignis gegeben, und zwar die Hochzeit von Prinz William in Großbritannien. Bereits die Hochzeit von Prinz Albert fiel nicht mehr unter diese Kategorie. Die Hochzeit am Samstag ist ein Ereignis, das schon die Berliner weniger interessiert als die Brandenburger, und für die Region Berlin-Brandenburg wiederum spannender ist als für den Rest der Welt. Vielleicht entflammt das Interesse noch im Süden Deutschlands, wo die Familie Hohenzollern ihren Ursprung hat.

Die Hochzeiten in London und Monaco haben jeweils mehrere Millionen Menschen verfolgt. Sehnen sich die Fernsehzuschauern der Bundesrepublik etwa nach einer Monarchie?

Ich bin sicher, dass keine fünf Prozent unserer Zuschauer den alten Kaiser Wilhelm zurückhaben wollen. Die meisten dürften, wie ich auch, überzeugte Republikaner sein, die mit unserer demokratischen Verfassung generell zufrieden sind. Vielmehr befriedigen Adelshochzeiten eine Sehnsucht nach Kontinuität.

Inwiefern?

Egal ob Fußball, Film, Fernsehen oder Musik, kaum haben sich die Leute an einen Star gewöhnt, ist er schon wieder aus der Öffentlichkeit verschwunden. Immer wieder gibt es neue Gesichter. Die einzigen öffentlichen Personen, deren Leben quasi von der Wiege bis zur Bahre verfolgt werden kann, sind die Mitglieder der königlichen Häuser. Diese Sehnsucht nach Kontinuität erfüllen die Vertreter der Adelshäuser häufig, auch die, die bei uns seit 1918 nicht mehr regieren. Hinzu kommt, dass wir uns bei Berichten über Adelshochzeiten ein Stück weit den royalen Glanz, den viele auch aus ihren Märchenbüchern kennen, borgen – ohne dafür bezahlen zu müssen.

Das stimmt nicht ganz. Der RBB ist gebührenfinanziert, die Linksfraktion im brandenburgischen Landtag wirft dem Sender „Adelskult“ vor.

Ich kann verstehen, dass Menschen, die in der DDR groß geworden sind, nur die eine Seite des Adels sehen. Aber nicht alles Tun war auf Ausbeutung angelegt. Vieles, worum uns die Welt heute beneidet – Opernhäuser, Theater, Museen, Universitäten, soziale Einrichtungen –, wäre ohne die Mitwirkung der ehemals regierenden Familien nicht möglich gewesen. Ich glaube, dass diese mäzenatische und soziale Kompetenz dazu beiträgt, dass der Adel sich auch weit über das Jahr 1918 hinaus ein gewisses Prestige bewahrt hat.

Ist es von dem Paar eine gute Idee, seine Eheschließung übertragen zu lassen?

Es gibt für sie kein großes Risiko. Wenn Leute an einem Samstag durch die Stadt gehen und aus der Kirche kommt ein Brautpaar raus, schauen auch viele zu, wie das Paar mit Freunden und Familie feiert. Nichts anderes passiert am Samstag, nur, dass eine Kamera mit dabei ist.

Und einige prominente Gäste. Wen erwarten Sie?

Die Königin von England sicher nicht. Eingeladen sind Vertreter der anderen ehemals regierenden Häuser aus Deutschland, und die kommen nun zusammen, eben wie man sich 1913 bei der Hochzeit der Kaisertochter in Berlin getroffen hat. Die gekrönten Häupter aus Spanien, Schweden oder den Niederlanden erwarte ich eher nicht, denn in Europa ist noch Ferienzeit. Zudem hat sich das Paar offenbar zu einem Zeitpunkt an die anderen Häuser gewandt, als die meisten Termine wohl schon vergeben waren.

Das wäre mit Ihnen als Wedding-Planer nicht passiert.

Das will ich nicht gesagt haben. Ich mag meinen Platz als Kommentator am Rand – vielleicht ist das sogar der beste Platz, den man bei so einer Hochzeit haben kann.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann.

Rolf Seelmann-Eggebert ist der Adelsexperte der ARD. Am Samstag wird er ab 11 Uhr die Hochzeit in Potsdam live im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)

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