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Das Magazin "The Germans" kommt neu auf den Markt will eine Lücke im deutschen Zeitungsmarkt besetzen.

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Print lebt: Die Zeitung der Digitalmüden

Das Magazin „The Germans“ sucht nach dem Selbstverständnis der jungen Deutschen. Und findet eine Generation, die sich entspannt und souverän durch die Welt lebt. Gelingt die Etablierung einer neuen, alternativen Stimme in der Medienlandschaft?

Seit einigen Tagen liegt am Kiosk ein neues Heft namens „The Germans“. Es ist keine Sonderausgabe, die versucht, das Selbstverständnis der wirtschaftlich bestimmenden Nation in Europa zu ergründen, wie sie der britische „Guardian“ unter dem Titel „The accidental empire“ herausgab. Das Heft in einer Premierenauflage von 50 000 Exemplaren ist auch kein Leitfaden für Expatriates und andere Zuwanderer in Berlin. Das Titelbild zeigt einen nackten, bärtigen Mann im seichten Wasser liegend und ein auf seiner Brust herumturnendes Kind. Wie Otto, der eineinhalbjährige Sohn der Chefredakteurin und Gründerin von „The Germans“, Nicole Zepter. Otto wippt in einem Café in Berlin-Mitte auf dem Schoß seiner Mutter auf und ab. Zepter war zuvor Chefredakteurin des Stadtmagazins „Prinz“. Die Leser von „The Germans“ begrüßt sie mit den Worten: „Willkommen in einer neuen Welt.“

Gemeint ist die Welt der 18- bis 35-Jährigen. Zepter sagt, sie möchte dieser Generation eine Stimme geben, die in den großen Meinungsblättern Deutschlands zu wenig Gehör finde. „Wir sehen uns als Alternative zu den etablierten Medien, ohne alternativ zu sein.“ Dabei kann es ja durchaus als alternativ gelten, im Zeitalter der Blogs ein gedrucktes Magazin herauszugeben. So richtet sich „The Germans“, das 4,80 Euro am Kiosk kostet und zehn Mal im Jahr erscheinen soll, auch an jene Digitalmüden, die sich auf lange Lesestücke einlassen wollen. „Gut leben statt viel haben, ist die neue Devise der Überflussgesellschaft“, meint der Demokratieforscher Wolfgang Gründinger im Leitartikel. Unter dem Titel „Aufbruch in eine neue Zeit“ beschreibt Gründinger, dass sich seine Generation mit einem Bruch konfrontiert sieht und reflektiert über Familienglück, Engagement für ein Ehrenamt und bewusstes Leben.

Die Herausforderung für das Magazin mit dem Claim „Meinung, Zeitgeist, Hintergrund“ wird sein, eine Lücke zwischen den zahlreichen anderen Heften für die „Urban Creative Group“, wie Zepter ihre Leser nennt, zu finden. Diese Gruppe ist im deutschsprachigen Raum mit Lesestoff und Magazinen überladen. Auch Tageszeitungen versuchen der Dauerberieselung durch reine Nachrichten auf dem Smartphone mit Hintergrund zu begegnen. Auch Zeitschriften wie „Neon“ haben den Anspruch, sich gesellschaftspolitisch zu äußern. In den Nullerjahren führte der Drang, eine alternative Stimme zu etablieren, zu Neugründungen wie „Dummy“, „Monopol“ und „Cicero“. „Wir wollen und dürfen Stellung beziehen, wenn auch nicht in eine politische Richtung“, sagt Zepter. Tatsächlich argumentiert Autor David Iselin durchaus schlüssig, warum sich männliche Manager zunehmend „pöbelnd“ verhalten: Sie sind dauererschöpft und eingeschüchtert durch neue weibliche Konkurrenz.

Willkommen in einer neuen Welt. Chefredakteurin Nicole Zepter möchte der Generation der 18- bis 35-Jährigen mit dem neuen Magazin eine Stimme geben.
Willkommen in einer neuen Welt. Chefredakteurin Nicole Zepter möchte der Generation der 18- bis 35-Jährigen mit dem neuen Magazin eine Stimme geben.

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„The Germans“ schreibt aus nationaler Perspektive, die sich zur globalen Welt öffnet. Das setzt eine Souveränität im Umgang mit dem Deutsch-Sein voraus. Das Magazin will zeigen, dass sich in einer globalisierten Welt auch in Deutschland die Dinge verändern: Familie, Arbeit, Bildung, Internet, das sind die Schlagworte um die das Heft kreist. „,The Germans’ spiegelt ein neues Selbstverständnis, das unsere Leser längst haben“, glaubt Zepter. Dazu gehört die Einsicht, dass in Deutschland nicht nur gute Ingenieure, sondern hervorragende Musiker, Stadtplaner, Designer und Wissenschaftler leben. Zum Auftakt präsentiert „The Germans“ unter dem Titel „Was jetzt glücklich macht“ 25 Ideen aus Deutschland, darunter ein alternatives Energieversorgungsmodell aus Berlin. Die stilprägende Hauptstadt darf nicht fehlen, schließlich „hat Berlin uns ein neues Selbstbewusstsein gegeben“, wie Zepter schreibt. Schöne Kleider, der luxuriöse Lieblingssessel für zu Hause gehören auch zu den 25 Dingen für die Zukunft.

Politik, Meinung und Debatte als Lifestyle neben Bio-Konsum und Mode. „The Germans“ ist ein mit Politik garniertes Stilmagazin. „Es ist für mich selbstverständlich, dass Politik, Mode und Kultur mit gleichem Ernst besprochen werden“, sagt Zepter. Dem ersten Heft gelingt dieser Spagat, dank nicht zu gefälliger Meinungstexte und gehaltvoller Erzählungen, wie jene der in Paris lebenden Deutsch-Iranerin Jina Khayyer, die ihre Verwandten in Teheran besuchte und auf „The Germans“ elf Seiten lang anregend nah davon berichtet.

„Der Titel ist“, so Zepter, „ein Synonym für die Deutschen in einer globalisierten Welt“. Entspannt und souverän treiben sie in dieser Welt herum, ganz wie der Mann auf dem Titelblatt. Spätestens wieder am 17. Dezember, wenn das neue Heft erscheint.

David Torcasso

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