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Medien: Printlandschaft: Neue Blätter braucht das Land

Hinterher ist man immer klüger. Die Frage, unter welchem Stern die Printlandschaft des Jahres 2000 stand, ist schnell beantwortet.

Hinterher ist man immer klüger. Die Frage, unter welchem Stern die Printlandschaft des Jahres 2000 stand, ist schnell beantwortet. Es waren die Wirtschaftstitel - "Financial Times", "Focus Money", "Telebörse" & Co. Auch in den Vorjahren war es immer so, dass ein bestimmtes Segment mit besonders vielen Neugründungen hervorstach: Mal waren es die Programmzeitschriften, mal die Computer-, mal die Frauenzeitschriften. Einer macht den Anfang, die anderen ziehen nach. Jeder will der Erste sein, keiner will sich die Butter vom Brot nehmen lassen. So läuft das Verlagsgeschäft, Jahr für Jahr.

Und 2001? Unter welchem Stern steht dieses Zeitschriftenjahr? Es ist gerade mal drei Wochen alt, das Jahr 2001. Aber schon liegen einige Neuerscheinungen auf dem Tisch: Zum Beispiel "Vida" aus der Bauer Verlagsgruppe - eine wöchentliche Zeitschrift für Frauen, die sich zu jung fühlen, um zu den alten Titeln ihrer Mutter oder Großmutter greifen zu wollen. "Vida", das ist die "Neue Post" für Jüngere, sozuagen eine Vorsorgemaßnahme, damit die Leserinnen auch in Zukunft zur Regenbogenpresse greifen. Auf diese Idee waren zuvor schon andere Verlage gekommen und produzierten Titel wie "Neue Woche" oder "Woche der Frau". Darauf hat nun Bauer, Marktführer der Regenbogenpresse, reagiert.

Frauentitel sind auch das Thema des Condé Nast Verlages, der am 6. Februar "Glamour", ein Monatsmagazin im Handtaschenformat, startet. Condé Nast widmet sich in diesem Jahr nur dieser Neuerscheinung und erwartet durch die Konkurrenten einige Bewegung im Markt. Neue Projekte würden zwar weiter entwickelt und geprüft, kommen in diesem Jahr aber mit Sicherheit nicht auf den Markt, sagt Geschäftsführer Bernd Runge. Auch Springer hat eine Frauenzeitschrift im Köcher: Das frisch-freche "Fritz", dessen Entwicklerin Marion Horn gerade in die "Bild"-Chefredaktion gewechselt ist. "Fritz" werde weiterverfolgt, versichert Zeitschriftenvorstand Andreas Wiele.

Nach "Vida" hieß die nächste Zeitschriftengründung "Auto Bild Motorsport". Das 14-tägliche Formel 1-Heft von Springer gibt es seit gestern. Am heutigen Mittwoch sind mit Burdas "Freundin"-Ableger "Wellfit" und "TV Total" weitere Newcomer am Kiosk. Mit "TV Total" steigt die Produktionsfirma Brainpool AG ins Verlagsgeschäft ein. Das Blatt ist eine Mischung aus Programmzeitschrift (die Sender sind nach dem Prinzip "Jugendlichkeit" sortiert), Illustrierte (Computer-, CD-Tipps, Kinoberichte) und Begleitheft zur Stefan-Raab-Show (mit Zoten-Witzen und den bekannten Show-Rubriken in gedruckter Form). Es ist ein Blatt für erst kürzlich erwachsen gewordene Leser und Teil einer Produktpalette, die die Marke "Total" aufbauen soll. Vielleicht nimmt es den auch schon in die Jahre gekommenen Programmtitel - "TV Spielfilm", "TV Movie" - ein paar junge Käufer weg.

Zwar schwächeln einige der im Vorjahr gegründeten Wirtschaftsmagazine schon wieder - dennoch zieht die abgeflaute Gründungswelle noch ein paar Wogen nach sich: Auf alle Fälle werde in diesem Jahr ein Objekt aus dem Bereich Wirtschaft kommen, kündigt Gruner + Jahr-Sprecher Kurt Otto an. Mal sehen, ob die Gespräche zwischen G + J, dem US-Eigner Mc Graw Hill und dem Spiegel-Verlag über eine deutsche Ausgabe von "Business Week" zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.

Weniger Anzeigen, hohe Papierpreise

Ex-"Stern"-Chef Werner Funk hätte schon einen Teil der Mannschaft zusammen, um eine erste Nullnummer zu entwickeln. Daneben bastelt "Spiegel"-Wirtschaftschef Gabor Steingart an einem "Finanz-Spiegel", der den Wirtschaftsunternehmen mit journalistischen Mitteln und investigativen Geschichten auf die Finger klopft. Der Ableger könnte als Beilage des Mutterblatts erscheinen. Außerdem schickt das im Spiegel-Verlag erscheinende "Manager Magazin" Anfang September den Ableger "Netmanager" an den Kiosk. Er wird viermal im Jahr erscheinen und drei bis vier Euro kosten. Und schließlich arbeitet die Verlagsgruppe Handelsbatt an einem Wirtschaftsmagazin, das mit "Net Business" (Verlagsgruppe Milchstraße) konkurrieren dürfte. Der Arbeitstitel ist "San Francisco". Angesiedelt ist der Ableger der Düsseldorfer "Wirtschaftswoche" in München, dem Standort der IT-Branche. Erscheinen wird das Blatt ab 12. März alle 14 Tage für 5 Mark 50. Chefredakteur Gregor Neumann will in dem Magazin branchenübergreifend Themen der Internet-Wirtschaft behandeln, die Veränderungen analysieren, Technologie-Trends ausmachen und neue Arbeitsformen entdecken. Mindestens 50 000 Exemplare sollen unter die Leute gebracht werden, verspricht der Verlag.

Nicht zuletzt die schlechte Entwicklung der New Economy und der Börse, die den Zeitschriften 2000 ein goldenes Anzeigenjahr bescherten, führt dazu, dass "das Anzeigengeschäft allgemein schwach gestartet ist", stellt Springer-Vorstand Andreas Wiele stellvertretend für die gesamte Branche fest. Er geht zwar "von einer Umkehr dieses Trends im Laufe des Jahres aus", erwähnt zugleich jedoch die gestiegenen Papierpreise, die das Verlagsgeschäft belasten. Schlechte Vorzeichen also? Ist das Zeitschriftenjahr 2001 ein Jahr der Konsolidierung? Das Jahr, in dem all die vielen angefangenen Arbeiten des Vorjahres noch abgeschlossen werden müssen?

Das glaubt zum einen der Geschäftsführer des Zeitschriftenverlegerverbandes, Holger Busch, aber auch Frieder Stein, Geschäftsführer der Motor-Presse Stuttgart. Von dort werde 2001 nichts Neues kommen, sagt Stein, man habe noch genug mit den Internet-Aktivitäten zu tun, die im vergangenen Jahr starteten. An Konsolidierung glaubt auch Dirk Manthey, Chef der Verlagsgruppe Milchstraße: "Von uns wird in diesem Jahr nichts kommen." Mit der Umstellung auf häufigere Erscheinungsweise von "Tomorrow" und der momentanen Überarbeitung von "Net Business", vor allem aber mit dem Neustart von "Max" hat die Milchstraße genügend Baustellen. Überlegungen, neben "Bellevue" ein weiteres Magazin oder gar die vom jetzigen "Max"-Chef Christian Krug entwickelte überregionale Zeitung auf den Markt zu bringen, sind vorerst passé. Der Schwerpunkt liegt eindeutig bei "Max", in das Investitionen in Höhe von vierzig Millionen Mark fließen beziehungsweise schon geflossen sind.

Und sonst? Da wäre die "Computer-Idee" vom Bauer-Verlag, die bereits für 2000 angekündigt war, aber zurückgestellt wurde. Oder jenes Compaq-Magazin von Burda, das Spaß und Technologie verbinden will.

Aber was ist nun der Trend des neuen Jahres? Neben der "Konsolidierung"? Bauer-Sprecher Andreas Fritzenkötter ist davon überzeugt, dass die so genannte People-Berichterstattung (vulgo: Klatschpresse) neben "Bunte" und "Gala" neue Zeitschriften hervorbringen und in bestehenden Zeitschriften zusätzliches Gewicht erhalten wird. Den Beweis dafür trat der Verlag ja bereits mit "Vida" an.

Bald auch Zeitschriften am Sonntag?

Werner Schiessl, Präsident der Presse-Grossisten, die für die Verlage in Deutschland sämtliche Zeitschriften verbreiten, geht davon aus, dass im Laufe dieses Jahres das Sonntagsmonopol der Springer-Zeitungen fallen wird. "Focus", "Spiegel" und andere Magazine könnte es also bald schon am Sonntag zu kaufen geben. Tests dazu laufen bei den Verlagen schon seit langem. Auf der inhaltlichen Ebene werde die Umstellung auf den Euro eines der großen Themen des Jahres, sagt Schiessl. Dass dies gleich zu neuen Wirtschafts- bzw. Verbrauchermagazinen führt, glaubt Gruner + Jahr-Sprecher Kurt Otto weniger: Sonderhefte und Beilagen würden dieses Thema ausreichend abdecken. Neue Titel würden vielmehr rund um Sport und Computer erscheinen, die ganz spezielle Interessen bedienen.

Natürlich wird es 2001 auch Überraschungen geben, so etwa von Springer. Der Verlag arbeite "im Zeitschriftenbereich zur Zeit an fünf neuen Projekten", sagt Wiele. Davon hoffe er, in diesem Jahr "zwei verwirklichen zu können". Welche das sind, mag Wiele nicht sagen. Ob Peter Lewandowskis Illustrierte bereits eine Chance bekommt, mag Wiele ebensowenig kommentieren.

Interessant ist schließlich eine weitere These von Kurt Otto: Eine Lücke im deutschen Zeitschriftenmarkt glaubt er in dem Themenumfeld zu entdecken, das der Zukunftsforscher Peter Wippermann die "Ich AG" bezeichnet. Dazu gehören Zeitschriften, die auf die Bedürfnisse, Probleme und Wünsche jener zunehmenden Gruppe von Menschen eingehen, die allein in einem kleinen Haushalt leben. Eine weitere Lücke sieht er in Zeitschriften, die zum einen das gestiegene Interesse an Wissenschaftsthemen bedienen und zum anderen gesundheitsbewusste Ernährung zum Thema machen. BSE und Genmais sei Dank, haben die Verlage wieder neue Arbeit bekommen.

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