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Medien: Radio-Tipps: Nachts, im Bett

Die RAF rappt. Trommeln schlagen, die Sprecher formen ihren Text zu einer Kammermusik des Bürgerkriegs.

Die RAF rappt. Trommeln schlagen, die Sprecher formen ihren Text zu einer Kammermusik des Bürgerkriegs. Das Hörspiel "schreibt auf. unsere haut", von Paul Plamper und Alban Rehnitz zitiert aus Briefen, die RAF-Aktivisten im Gefängnis geschrieben haben. Alles wird wieder Gegenwart: das stählerne Gehäuse der revolutionären Theorie, die Spannungen zwischen Freiheitsdrang und Parteidisziplin, das Umschlagen von Logik in Paranoia. "Entweder Mensch oder Schwein, dazwischen gibt es nichts", skandieren rote Rapper. Musik: das zeitgemäße Medium, um unser Ohr noch einmal für diesen Ton zu öffnen (Deutschlandradio, 11. September, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Ein mentales Gegenprogramm bietet der rheinische Humor des Hermann Harry Schmitz, seines Zeichens Vortragskünstler und Humor-Schriftsteller, geboren 1880 zu Köln. Die vermeintliche Frohnatur Schmitz begeht als 33-Jähriger überraschend Selbstmord. Da lohnt es wohl, seine grotesken Geschichten auf einen doppelten Boden abzuhören. In "Katastrophen!" erzählt Schmitz von der Geburt eines Riesenbabys und den wirren Gedanken eines Denkers, die sich plötzlich in materielle Wirklichkeit verwandeln. Es sprechen zwei exzellente Stimmkünstler des Berliner Deutschen Theaters: Margit Bendokat und Eberhard Esche (Deutschlandfunk, 12. September, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Dienstagnacht schlägt auf Radio Kultur die Stunde der Klangkünstler. Die Reihe "Internationale Digitale Radiokunst" versammelt die Avantgarde der Soundbastler, deren Werke nicht in einen orthodoxen Hörspielabend passen. Wie etwa das Hörstück "Fishstone" von Ursula Weck. Ein Maori berichtet von seiner Reise quer durch den australischen Kontinent. Im Traum bekam er den Auftrag, einen Stein zu einem Medizinmann zu bringen. Der Stein ist in Wahrheit ein Fisch und komplettiert die Sammlung magischer Symbole des Medizinmanns. Auf watteweichen Klangteppichen schreiten die Erzählerstimmmen dahin. Romantische Auszeit für müde Großstadtrationalisten (12. September, 23 Uhr 20, UKW 92,4MHz).

Wo soll man eigentlich Hörspiele hören? Wie kann ein modernes Hirn, das auf hohe Reizfrequenzen und Vollbeschäftigung der Sinne trainiert ist, an eine derart antiquierte Tätigkeit gewöhnt werden? Versuchen Sie es während langer Fahrten auf der Autobahn. Nehmen Sie Hörspiele auf Kassette auf, um von Sendeterminen unabhängig zu sein. Hören Sie nachts im Bett Hörspiele. Wenn Sie vorm Ende entschlummern, haben Sie kein schlechtes Gewissen, sondern versuchen es ein anderes Mal erneut.

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