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Medien: Rate, mal!

Es war noch mal die große Fernseh-Oper, powered by emotions. Die Tränen von Bayer-Manager Calmund, die Konferenzschaltung zu den drei Stadien, in denen am Samstag der Deutsche Fußballmeister ausgespielt wurde.

Es war noch mal die große Fernseh-Oper, powered by emotions. Die Tränen von Bayer-Manager Calmund, die Konferenzschaltung zu den drei Stadien, in denen am Samstag der Deutsche Fußballmeister ausgespielt wurde. Die Inszenierung eines Sportkrimis, mehrfach gesehen, erst live auf Premiere, dann bei Sat 1-„ran“, zu guter Letzt im ZDF-„Sport-Studio“. Ein Quoten-Knüller. Ein Abschied auch, auf hohem Niveau.

7,5 Millionen Zuschauer sahen „ran“. Das ist Rekord. „Mit diesem Finale sind wir sehr zufrieden“, freute sich Sat 1-Sprecher Andreas Thiemann. Fragt sich nur, wie lange noch. Vielleicht muss sich Moderator Jörg Wontorra bald bei der ARD bewerben. Es war das zehnte Saison-Finale auf Sat 1 – es könnte in dieser Form das letzte gewesen sein. Alles hängt von Deutschlands bekanntestem Schuldschein ab: der Kirch-Rate.

Zur Erinnerung: Weil die insolvente KirchGruppe ihren vertraglich vereinbarten Zahlungen nicht nachgekommen ist, erwägt die Deutsche Fußball-Liga (DFL) als Rechteinhaber die Kündigung eines bis 2004 laufenden TV-Vertrages. Dieser sah die gewohnte Liga-Berichterstattung vor: Erstverwertung bei Premiere und Sat.1, Zweitverwertung bei den Öffentlich-Rechtlichen. „Ende der Woche wissen wir definitiv, ob wir den Vertrag mit KirchMedia erfüllen oder nicht“, kündigte DFL-Boss Werner Hackmann letzte Gespräche an. „Es gibt zwei Kündigungsgründe: Zahlungsverzug und Nichtzahlung trotz erbrachter Leistung.“ Die DFL verlangt für diese Saison noch 79 Millionen Euro. Die KirchGruppe hatte eine Rate von 24 Millionen Euro gezahlt. Ob die DFL in der nächsten Saison 360 Millionen Euro und dann noch einmal 460 Millionen Euro von KirchMedia erhält, ist unwahrscheinlich. Die Rechtsauffassung der DFL ist klar: Bei Kündigung fallen die Rechte zurück an die Liga und sind mit anderen Partnern neu verhandelbar.

Nur: Wer sind diese Partner? Wer überträgt die Saison 2002/2003? Gibt es wieder Live-Spiele im Free-TV? Sat 1-Sprecherin Kristina Faßler hat die Hoffnung für „ran“ noch nicht ganz aufgegeben: .„Wir sind gelassen, mussten jedes Jahr neu um die Bundesliga-Rechte kämpfen.“ Angeblich plant die DFL, ein Spitzenspiel pro Woche live im Free-TV zu vermarkten – vielleicht mit Sat 1 als Partner. Oder es läuft doch auf ein Comeback der großen ARD-„Sportschau“ hinaus. Im Gespräch ist ein Sendetermin um 18 Uhr. Die mit heißer Nadel gestrickte 17-Uhr-30-Ausgabe erreichte zuletzt einen Marktanteil von 22,9 Prozent, das liegt knapp unter dem Wert von „ran“. Ohne bewegte Bilder. Die ARD will die Rechte haben – zu einem erschwinglichen Preis. „Wir drängen uns nicht auf. Wir rennen jetzt nicht los, um Sat.1 das edle Programmangebot abzujagen“, sagte ARD-Chef Fritz Pleitgen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Keine Frage, es wird gezockt. Und Pleitgens Vorsicht scheint begründet. Dass man sich mit teuren Fußball-Rechten auch Ärger einhandeln kann, beweist RTL. Dem Privatsender steht angeblich eine Klage der UEFA ins Haus, weil er das Champions-League-Halbfinale Madrid gegen Barcelona zeitversetzt übertragen hat, nicht live. Die Schadensersatzforderung dürfte für RTL allerdings nicht ganz so hoch sein wie die Rate, die die KirchGruppe an die Bundesliga zu zahlen hat. Markus Ehrenberg

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